Schäden durch Überschwemmungen:Flutkosten fallen für Deutschland deutlich geringer aus als erwartet

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Experten hatten damit gerechnet, dass Deutschland seine milliardenschweren Fluthilfen mit frischen Schulden bezahlen muss. Das Gegenteil ist der Fall: Der Bund wird zum Jahresende weniger Schulden aufnehmen als gedacht.

Von Steffen Gosenheimer, Wall Street Journal Deutschland

Deutschland macht im vierten Quartal weniger Schulden als noch zu Beginn des Jahres geplant. Hauptgrund dürfte die günstige Entwicklung des Bundeshaushaltes sein. Der Emissionskalender für das vierte Quartal sieht ein um 3 Milliarden Euro geringeres Anleihevolumen vor als die Planung zu Beginn des Jahres.

Diese Entwicklung ist insofern bemerkenswert, als Experten wegen der ungeplanten Flutopferhilfe im Volumen von 8 Milliarden Euro eigentlich sogar mit einer Erhöhung gerechnet hatten.

Nach der Haushaltsplanung sollte die Finanzierung der Fluthilfe die Neuverschuldung des Bundes noch in diesem Jahr um genau diesen Betrag steigen lassen. Die Strategen der Commerzbank waren deshalb davon ausgegangen, dass die Schuldenaufnahme im vierten Quartal um 5 bis 6 Milliarden Euro höher ausfallen würde als ursprünglich vorgesehen.

Eine Bewohnerin der Altstadt von Grimma in Sachsen watet durch das Hochwasser zu ihrem Haus. (Foto: dpa)

Gute Konjunktur macht es der Regierung leicht

Dass die 8 Milliarden Euro Flutopferhilfe weder in der Emissionsplanung der Finanzagentur für das dritte Quartal noch in der für das Schlussquartal Spuren hinterlässt, deutet darauf hin, dass der Bund den zusätzlichen Finanzbedarf auch so stemmen kann.

Die gute konjunkturelle Entwicklung spielt dem Fiskus dabei in die Karten. Steuerschätzer rechnen für das Gesamtjahr bislang mit einer Steigerung der Einnahmen um 2,5 Prozent. Erst im August erklärte das Finanzministerium, das Steueraufkommen entspreche den Annahmen und spiegele "die weiterhin günstige wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland wider".

Doch das ist es nicht allein. So wies ein Sprecher des Finanzministeriums darauf hin, dass im Emissionskalender nicht nur die Finanzierung des Bundeshaushalts, sondern auch die Finanzierung der Sondervermögen enthalten sei, etwa die des Bankenstabilisierungsfonds Soffin. Hier laufe es zum Teil deutlich besser als erwartet. Umgekehrt seien deshalb keine direkten Rückschlüsse auf die Nettokreditaufnahme des Bundes möglich. "Die Finanzagentur nimmt [Schulden] für den gesamten Bund auf", sagte der Sprecher.

Auch Commerzbank-Analyst Alexander Aldinger konnte sich keinen rechten Reim auf die überraschend geringe Emissionsplanung des Bundes machen. Ein bisschen stochere man im Nebel, wie die Entwicklung zu erklären sei. Schließlich entwickelten sich die Steuereinnahmen nach Angaben der Volkswirte des eigenen Hauses so, wie vorhergesagt.

Auch Einsparungen bei den Zinskosten haben dazu beigetragen, dass Deutschland seine Anleiheauktionen verkleinern konnt. Ein Indiz dafür sind die im vierten Quartal anstehenden Zinszahlungen des Bundes und seiner Sondervermögen. Die belaufen sich nach Mitteilung der Finanzagentur auf 1,9 Milliarden Euro, während es vor Jahresfrist noch 2,7 Milliarden waren.

Nicht erst in diesem Jahr profitiert Deutschland von extrem niedrigen Zinsen am Kapitalmarkt. Seit dem Ausbruch der Euro-Schuldenkrise sind deutsche Anleihen als sicherer Hafen gesucht, was dazu führte, dass die Renditen immer weiter gesunken sind. So muss der Bund beispielsweise seit Anfang 2012 von wenigen kurzen Ausreißern abgesehen für 10-jähriger Bundesanleihen nicht mehr als 2 Prozent Verzinsung bieten. Zum historischen Tiefpunkt im Mai 2013 waren es sogar weniger als 1,2 Prozent. Bei einigen Anleihen mit kürzerer Laufzeit rutschte die Rendite phasenweise sogar in den negativen Bereich, so dass der Bund an seinen Schulden sogar verdiente.

Deutschland ist der Stabilitätsanker der Eurozone

Inzwischen hilft auch die günstige konjunkturelle Entwicklung. Wegen der guten Arbeitsmarktlage und der stabilen Wirtschaftsentwicklung verzeichnete Deutschland im ersten Halbjahr deutlich mehr Einnahmen als Ausgaben. Nach Daten des Statistischen Bundesamts (Destatis) belief sich der Finanzierungsüberschuss auf 8,5 Milliarden Euro.

Nach den jüngsten Projektionen des Bundesfinanzministeriums wird Deutschland 2013 und in den nächsten vier Jahren einen strukturellen Haushaltsüberschuss von rund einem halben Prozent seiner Wirtschaftsleistung erreichen. In der strukturellen Rechnung wird der Haushalt um konjunkturelle Faktoren und Einmaleinflüsse bereinigt.

"Deutschland wird seiner Verantwortung als Stabilitätsanker des Euroraums gerecht", erklärte das Finanzministerium jüngst. Die öffentlichen Haushalte in Deutschland seien nach erfolgreicher Konsolidierung in einer soliden Verfassung.

Die aktuelle Schuldenplanung scheint das zu bestätigen. Während im vierten Quartal wie geplant für 42 Milliarden Euro Kapitalmarktinstrumente ausgegeben werden sollen, hat die Finanzagentur des Bundes eine Emission 6-monatiger Schatzanweisungen (BuBills) im Dezember gestrichen. Die Summe der Geldmarktinstrumente im vierten Quartal beläuft sich damit auf lediglich 12 statt 15 Milliarden Euro.

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