Schadenersatz für Lehman-Opfer:"Glücklich und überrascht"

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Urteil zugunsten der Anleger: Die Hamburger Sparkasse muss einen Käufer von Lehman-Zertifikaten entschädigen - und zwar in voller Höhe.

Die Hamburger Sparkasse (Haspa) hat ihre Kunden nicht ausreichend informiert: Darum hat jetzt das Hamburger Landgericht einem Käufer von Zertifikaten der insolventen US-Investmentbank Lehman Brothers Schadenersatz in voller Höhe zugesprochen.

Lehmann war im vergangenen September pleite gegangen, Tausende Sparer verloren ihr Geld. (Foto: Foto: Bloomberg)

Die Haspa habe den 64 Jahre alten früheren Lehrer Bernd Krupsky beim Verkauf der Anleihen im Dezember 2006 in zwei Punkten falsch beraten, sagte der Vorsitzende Richter der zuständigen Zivilkammer am Dienstag zur Begründung.

Krupksy hatte Zertifikate im Wert von 10.000 Euro erstanden, die seit der Pleite von Lehman im September 2008 faktisch wertlos sind.

"Rückwirkend Pflichten festgelegt"

Eine Entschädigung hatte die Haspa zuvor abgelehnt. Der Kläger äußerten sich zufrieden über das Urteil, das im Gerichtssaal von einigen Zuhörern mit Applaus begrüßt wurde. "Ich bin glücklich und gleichzeitig ein bisschen überrascht."

Die Haspa kündigte umgehend an, Berufung gegen das Urteil einzulegen. Das Gericht habe in seiner Entscheidung "rückwirkend Pflichten für Banken festgeschrieben, die es vorher nicht gab", sagte eine Sprecherin in einer Stellungnahme.

Die Zahl der Lehman-Geschädigten in Deutschland schätzen Experten auf 30.000 bis 50.000. In vielen Städten sind bereits Verfahren gegen Banken anhängig, allein am Hamburger Landgericht sind es nach Angaben einer Sprecherin derzeit mindestens 25.

Im bundesweit ersten Verfahren um Beratungsfehler beim Kauf von Lehman-Anleihen hatte das Landgericht Frankfurt am Main im November die Klage eines Anlegers als unbegründet abgewiesen.

Nach dem Hamburger Urteil vom Dienstag äußerte sich die Landgerichtssprecherin zurückhaltend hinsichtlich einer möglichen Signalwirkung für andere Verfahren.

Nachweispflicht bei der Bank

"Maßgebend ist in jedem Prozess die jeweilige Fallkonstellation." Krupskys Anwalt Ulrich Husack betonte dagegen, er hoffe, dass nun andere geschädigte Lehman-Anleger "Mut schöpfen" und ihre Ansprüche durchsetzen.

Die Haspa habe den Kläger nicht darauf hingewiesen, dass die von ihm gekauften Lehmann-Anleihen im Wert von 10.000 Euro nicht der deutschen Einlagensicherung unterlagen, sagte der Richter.

Zudem habe sie ihm in dem Beratungsgespräch verschwiegen, dass sie selbst ein "wirtschaftliches Eigeninteresse" an dem Geschäft gehabt habe. So habe die Haspa damals eine größere Menge Lehman-Zertifikate gekauft, um sie gewinnbringend an Kunden weiterzuveräußern. Andernfalls hätte sie diese gegen einen Abschlag wieder an Lehman Brothers zurückgeben müssen.

"Diese Interessenlage begründet in besonderer Weise eine Aufklärungspflicht", betonte der Richter in der Urteilsbegründung.

Schon während des Verfahrens, das im März begonnen hatte und das die erste gerichtliche Auseinandersetzung um Lehman-Zertifikate in Hamburg war, hatte der Richter mehrmals durchblicken lassen, dass er eine Beratungspflichtverletzung der Haspa annehme.

Zunächst hatte er aber bezweifelt, dass Krupsky nachweise könne, dass er auf den Kauf der Anleihe im Fall vollständiger Information tatsächlich verzichtet hätte. Unter Verweis auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 12. Mai entschied er nun, dass diese Nachweispflicht zumindest zum Teil auch bei der Bank liege.

Krupsky habe vor Gericht plausibel darlegen können, dass er bei ordnungsgemäßer Beratung auf den Kauf wahrscheinlich verzichtet hätte, sagte der Richter. Die Bank hat immer die Möglichkeit, diese Vermutung zu erschüttern, ergänzte er.

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