Rüstung:Ringen um MTU geht in heiße Phase

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Eines der wichtigen deutschen Rüstungsunternehmen, der Münchner Triebwerkshersteller MTU Aero Engines, dürfte wohl bald in ausländische Hände geraten.

Von Dagmar Deckstein

(SZ vom 26.08.03) - Seit Jahren schon will sich der Mutterkonzern DaimlerChrysler von seiner Tochter MTU trennen, um sich ganz aufs Kerngeschäft Auto zu konzentrieren.

Tatsächlich scheinen die Verkaufsgespräche jetzt in die heiße Phase getreten zu sein, auch wenn eine Konzernsprecherin dieser Tage abwiegelte, die befänden sich noch in einem "sehr frühen Stadium". Bis Ende August also, wie bislang vermutet, dürften die Gespräche nicht abgeschlossen sein.

Zu den Interessenten an der DaimlerChrysler-Triebwerkstochter zählt der US-Investor Carlyle, der bereits im Juni zusammen mit Finmeccanica den MTU-Konkurrenten Fiat Avio gekauft hat und keinen Hehl daraus macht, die Konzerne miteinander verschmelzen zu wollen.

Neben der Carlyle Group sollen weitere Private-Equity-Gesellschaften an einer Übernahme von MTU interessiert sein, darunter J.F. Lehman & Co, Doughty Hanson & Co, Blackstone Group und Kohlberg Kravis Roberts & Co.

DaimlerChrysler werde verkaufen, wenn Preis und Konditionen stimmen, hieß es aus Unternehmenskreisen. Branchenkreisen zufolge strebt DaimlerChrysler einen Erlös von rund 1,5 Milliarden Euro an.

Renditeträchtig

Unter Druck steht der Konzern nicht, weil MTU seit Jahren die Renditevorgaben der Mutter übererfüllt.

Die MTU Aero Engines GmbH ist der führende deutsche Hersteller von Antrieben für zivile und militärische Flugzeuge und Hubschrauber. Das Unternehmen macht mit 8.700 Mitarbeitern einen Umsatz von 2,2 Milliarden Euro.

Gemeinsam mit Herstellern wie Rolls Royce baut MTU an Triebwerken für Airbus- und Boeing-Jets. Auch am Bau der Düsenantriebe für Kampfflugzeuge wie Eurofighter oder Tornado ist MTU beteiligt. Als Mitglied der "Europrop International GmbH" macht MTU beim Bau der Motoren des Militär-Airbus A 400M mit.

Mitspracherecht beim MTU-Verkauf hat der MTU-Partner Pratt&Whitney, der zum US-Rüstungskonzern United Technologies gehört und verhindern will, dass seine Technologie in fremde Hände gelangt.

In gleicher Angelegenheit hat sich auch die Bundesregierung zu Wort gemeldet und für eine deutsche Lösung plädiert.

Schutz vor Ausverkauf

"Was MTU angeht, so hoffe ich, dass dieses sehr wichtige Unternehmen in deutscher Verantwortung bleibt", hatte Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) der Nachrichtenagentur Reuters gesagt und Gesetzesänderungen zum Schutz deutscher Unternehmen vor dem Ausverkauf ins Ausland angekündigt.

Die Regierung fürchtet, dass durch einen Verkauf außerhalb Deutschlands Rüstungs-Know-how an die USA verloren gehen könnte. Ein deutscher Bieter für MTU ist aber nicht in Sicht, und DaimlerChrysler betont, man sei an einer "europäischen Lösung" interessiert.

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