Roman Abramowitsch:Reicher Exilant in Nöten

Lesezeit: 3 min

Es läuft nicht gut für Roman Arkadjewitsch Abramowitsch in seiner Wahlheimat London: Er hat eine schlechte Presse, sein Fußballclub Chelsea enttäuscht, obwohl er Millionen verschlingt, und die Scheidung von seiner Frau war auch nicht billig.

Abramowitschs Fußballclub, der FC Chelsea, hat eine verkorkste Saison hinter sich: Erst verloren die Luxuskicker das Champions-League-Halbfinale gegen Liverpool und jetzt gab es nur einen undankbaren Platz Zwei in der britischen Meisterschaft.

Abramowitsch soll wegen der Misserfolge getobt haben, berichteten britische Medien. Vor vier Jahren legte sich der russische Multimilliardär den hochverschuldeten Fußballclub zu, bei dem unter anderem Ex-Bayern-München-Star Michael Ballack anheuerte.

Doch Fortüne hat Abramowitsch mit seiner Investition bislang nicht recht gehabt. Sein Gesamtverlust soll sich auf fast eine halbe Milliarde Euro belaufen.

Despektierlicher Bericht

Es ist wohl kein Zufall, dass die Sunday Times ausgerechnet in diesen Tagen, in denen Abramowitsch als der glücklose Fußballkönig im Heimatland des Fußballs verhöhnt wird, einen despektierlichen Bericht über seine 40-köpfige "Privat-Armee" veröffentlichte.

Es ging um seine Bodyguards, die den Russen rund um die Uhr bewachen. 1,8 Millionen Euro soll die martialische Truppe, die von einem ehemaligen Offizier der britischen Eliteeinheit SAS beraten wird, pro Jahr kosten.

Das zahlt der 40-Jährige mit dem melancholischen Blick zwar aus der Portokasse. Sein Vermögen wird auf mindestens 15 Milliarden Euro geschätzt.

"Wachsende Aversionen gegen Russen"

Doch seinem Image als freundlicher Fußballmäzen sind solche Berichte nicht gerade förderlich. Man gehöre hier schließlich nicht zur Mafia, warf sich Russlands Botschafter in London, Yuri Fedotov, für seinen Landsmann in die Bresche. Der Gesandte des Kremls beklagte sich über wachsende Aversionen gegen Russen in Großbritannien.

Abramowitsch zählt zu einer wachsenden Gemeinde schwerreicher Ausländer, die sich in der britischen Hauptstadt niedergelassen haben. Es ist eine illustre Gesellschaft. Sie wohnt in Londons Nobelvierteln wie Kensington und Chelsea.

Der indische Stahl-Tycoon Lakshmi Mittal hat dort eine Luxusvilla bezogen, ebenso wie Abramowitschs ehemaliger Geschäftspartner Boris Beresowskij.

Dem Zugriff des des Kremls entzogen

Für die russischen Oligarchen hat das Londoner Exil einen großen Vorteil: Sie entziehen sich dem Zugriff des Kremls. Dass dies im Fall Beresowskijs, der unlängst zum Sturz des russischen Präsidenten Wladimir Putin aufrief, sogar eine lebensrettende Maßnahme sein kann, liegt auf der Hand.

Abramowitsch hat einen solchen Konflikt bislang vermeiden können. Nach langem Zögern versprach er Putin, weiterhin als Gouverneur der Region Tschukotka im fernen Osten Russlands zu amtieren.

Rabiate Methoden

Ein Geschäft auf Gegenseitigkeit: Abramowitsch spendiert Schulen und Krankenhäuser für verarmte Rentierzüchter und Walrossjäger. Als loyaler Soldat des Kremls kann er sich vor den Machtansprüchen Putins geschützt fühlen, der den Einfluss einiger unliebsamer Oligarchen mit rabiaten Methoden zurückdrängte.

Wie kaum ein anderer verkörperte Abramowitsch zu Zeiten der russischen Perestroika den Traum vom sozialen Aufstieg.

Er wurde als Sohn jüdischer Eltern aus Saratow an der Wolga geboren. Die Mutter starb nach einer illegalen Abtreibung. Der Vater kam bei einem Arbeitsunfall ums Leben.

Der ehrgeizige Junge schlug sich durch. Er gründete bereits während seiner Studentenzeit die Firma Ujut (Gemütlichkeit), die Gummienten und Fußbälle herstellte.

Startkapital: 5000 Tonnen Heizöl

Dann stieg er ins Ölgeschäft ein. Sein Startkapital betrug 5000 Tonnen Heizöl. Ein Coup gelang ihm 1995 zusammen mit Beresowskij, indem die beiden Firmenjäger eine Kontrollmehrheit an dem Ölkonzern Sibneft erwarben.

Kritiker behaupten allerdings, dass dabei kräftig Schmiergelder in dunkle Kanäle geflossen sind - Sibneft sei weit unter Wert zu einem Schnäppchenpreis verhökert worden. Inzwischen hat Abramowitsch Sibneft an den russischen Energiekonzern Gazprom verkauft.

Im vergangenen Jahr ist er beim russischen Ölproduzenten Rosneft eingestiegen. Außerdem besitzt er 41 Prozent des größten russischen Stahlkonzerns, der Evraz Gruppe. Seine Beteiligungen verwaltet die Holding "Millhouse Capital" in London.

Medienphobie

In der Öffentlichkeit vermeidet es Abramowitsch, über seine unternehmerischen Zukunftspläne zu sprechen. Ihm wird eine regelrechte Medienphobie nachgesagt.

Sein Englisch sei schlecht, entschuldigt er sich. Zwar präsentiert sich Abramowitsch gerne im Kreise seiner Fußballer. Dann sieht man ihn in abgewetzten Jeans und offenen Hemd.

Doch ansonsten lebt der Vater von fünf Kindern zurückgezogen in seinem Stadthaus im feinen Londoner Viertel Belgravia sowie auf seinem 424 Hektar großen Landsitz in Sussex.

Drei Luxus-Yachten

Für Reisen zu Wasser und zu Luft stehen Abramowitsch drei Luxus-Yachten und eine als VIP-Jet umgebaute Boeing 767 zur Verfügung. Manchmal dringt allerdings mehr als ihm lieb sein kann aus seinem Privatleben an die Öffentlichkeit:

So sorgte seine Scheidung von der ehemaligen Aeroflot-Stewardess Irina Abramowitsch in der Klatschpresse für Schlagzeilen. Es sei die teuerste Scheidung der Welt, vermutete das Boulevardblatt Sun. Nicht nur der FC Chelsea kostet Abramowitsch einige Millionen.

© SZ vom 13.07.07 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: