Roboter-Hersteller:Kuka und die Angst vor China

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Der Vorstand sieht vor allem Chancen, wenn der Midea-Konzern seine Beteiligung an Kuka aufstockt. Aktionäre dagegen fürchten, dass wichtiges Know-how nach Asien abfließt.

Von Elisabeth dostert, Augsburg

In Raum A 1.04 haben sie die "Weißbier-Applikation" aufgebaut. Der Maschinenbauer Kuka will den Aktionären zeigen, was seine Roboter können. Die beiden, die das Bier einschenken, heißen Paulii, weil die Entwickler die Anwendung mit Bier von Paulaner ausprobiert haben.

Kuka-Entwickler Jürgen Blume bestellt ein Bier über seine Apple-Watch. Einer der Paulii-Brüder greift eine Flasche aus dem Kasten und öffnet sie, der andere nimmt ein Glas, spült es aus. Dann bewegen sich die Roboterarme aufeinander zu. "Der nimmt sich ganz schön Zeit", frotzelt ein Fotograf. Bier fließt, das Glas läuft über. "Wir haben es auf Paulaner programmiert", sagt Blume. Der Caterer für die Hauptversammlung arbeitet mit dem lokalen Brauer Riegele, das Bier schäumt stärker als das alkoholfreie Weißbier von Paulaner. "Wir hätten ein paar Parameter in der Software ändern müssen. Das wäre aufwendig gewesen", sagt Blume.

In der Hauptversammlung geht es um Roboter, um Kuka, um ein Vorzeigeunternehmen aus Deutschland. Das, so klingen manche Aktionäre, ist in Gefahr, weil der chinesische Konzern Midea einsteigen will. Er bietet 115 Euro je Aktie. Er will Kuka nicht ganz schlucken, sondern nur einen Teil, mindestens 30 Prozent.

"Sie sollten etwas Besorgnis in ihren Ton aufnehmen und mehr Skepsis", fordert Roland Klose, Sprecher der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) Kuka-Vorstandschef Till Reuter auf. Eigentlich habe er eine Laudatio halten wollen, weil das Management den Börsenwert von Kuka seit 2009 von 250 Millionen Euro auf 4,4 Milliarden Euro gesteigert habe. Das Lob fällt aus. Klose, der Wirtschaftsprofessor, sorgt sich um die Zukunftsfähigkeit des Landes, wenn Firmen wie Kuka verkauft werden.

"So etwas wäre in den USA nicht möglich."

"Wo ist Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel", fragt Klose. "So etwas wäre in den USA nicht möglich, vermutlich auch nicht in Frankreich und wahrscheinlich auch nicht in China", sagt Klose. Er spricht von "Angreifern" und "knallharten Opportunisten". "Man glaubt doch wohl nicht, dass der chinesische Geheimdienst schlechter ist als die NSA. Man braucht doch keine Mehrheit, um an die Quellcodes zu kommen." Solche Sätze kommen bei den Aktionären an, sie applaudieren.

Midea hält mittlerweile nach eigenen Angaben rund 13 Prozent am Kuka-Kapital. Die beiden anderen Großaktionäre, die Familienunternehmen Voith (25,1 Prozent) und Loh (10 Prozent), äußern sich nicht zum chinesischen Investor.

Bislang hat Midea nur angekündigt, ein Angebot unterbreiten zu wollen. "Bis das tatsächliche Angebot vorliegt, wird es noch einige Wochen dauern", hat Reuter zum Auftakt des Aktionärstreffens gesagt. Der Vorstand werde es "ergebnisoffen" prüfen. Auf diese und ähnliche Formulierungen zieht er sich in den Antworten auf die Fragen der Aktionäre zurück. Grundsätzlich könne er sagen, dass das Angebot so wie es angekündigt worden sei, die Strategie von Kuka unterstütze. Sie sehe vor, dass der Umsatz bis zum Jahr 2020 auf vier bis 4,5 Milliarden Euro steigen soll. "Zwei wichtige Treiber dafür sind der chinesische Markt und Industrie 4.0", sagt Reuter. China sei schon heute der größte Robotermarkt. Dort werde sich auch die Zukunft der Robotik in den kommenden fünf bis zehn Jahren entscheiden. Heute setze Kuka bereits mehr als 400 Millionen Euro in China um, 2020 sollen es dort eine Milliarde Euro sein. Ein Partner, der diese Strategie unterstütze und "uns noch einen besseren Marktzugang verschafft, könnte für Kuka ein erheblicher Wachstumstreiber sein."

Aber ist das Midea? Suchen Sie einen weißen Ritter?, fragt Klose. Er trägt eine blau-orange gemusterte Krawatte. Orange ist die Farbe von Kuka, blau die Firmenfarbe von Midea. Reuter hat keinen weißen Ritter. Aktionär Matthias Gaebler schimpft auf die Politik, die solche Entwicklungen zulasse. Er fragt, warum nicht die deutsche Industrie, Firmen wie BMW, VW oder Daimler nicht schon längst bei Kuka eingestiegen sind, statt die "Perle" links liegen zu lassen. Für solche Fragen ist der Kuka-Vorstandschef der falsche Adressat. "Ich sehe viele Risiken", sagt Daniel Bauer von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK). Ob Kunden wie VW oder BMW in ihren Verträgen Klauseln hätten, diese aufzukündigen, wenn sich an den Machtverhältnissen ändert. Solche Klauseln gebe es in einzelnen Verträgen, sagt Reuter: "Aber wir haben keinen Hinweis, dass einer davon Gebrauch macht." Auch Reuter hat so eine Klausel in seinem Vertrag. "Ich bin an Bord", ruft er am Ende den Aktionären zu. "Die Kuka hat noch ein Riesenpotenzial."

Die Paulii-Brüder haben ihren Dienst getan. Gut 70 Weißbiere haben sie ausgeschenkt. Nicht viel. Es ist nur ein Anwendungsbeispiel, hat Blume gesagt, "Wir wollen keine Barkeeper ersetzen." Es geht um mehr.

© SZ vom 28.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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