Robin Saunders und die WestLB:Im Glanz der begnadeten Verkäuferin

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Finanzmanagerin Robin Saunders genoss bei der WestLB in London viel Vertrauen - zu viel, wie sich nun zeigt.

Gerd Zitzelsberger

(SZ vom 24.06.2003) — An Warnzeichen hatte es intern nicht gefehlt. Zumindest diejenigen, die von Umfang und Umständen der Deals wussten, die Robin Saunders für die Westdeutsche Landesbank (WestLB) abwickelte, hätten erkennen können, dass in der Londoner WestLB-Einheit für das Investment-Banking die Worte "kaufmännische Vorsicht" sehr klein geschrieben wurden.

Geblendet

Es galt offenbar das Prinzip, irgendwie werde schon alles gut gehen. Manche Mitarbeiter der Bank hatten, heißt es in London, auch gewarnt. Aber das Gefühl, plötzlich zu den ganz wichtigen Finanzhäusern Europas zu gehören, ein paar erfolgreiche Geschäfte gemacht zu haben und der Glanz der Star-Mitarbeiterin Robin Saunders blendeten offenkundig auch die WestLB-Spitze.

Es ist ein ganz kleiner Bereich, der zum Zentrum des Skandals um die riesigen Verluste gehört: Die Einheit "Haupt-Finanzierungen" in London beschäftigt nur rund 30 Mitarbeiter, und an ihrer Spitze steht die 40-jährige amerikanische Bankerin Saunders.

Sie baute diesen Bereich mehr oder weniger um sich herum auf, als die WestLB sie 1998 von der Deutschen Bank abgeworben hatte. An Vertrauensvorschuss Saunders gegenüber hat es die Bank nicht fehlen lassen. Denn die Frau, da sind sich alle einig, ist eine begnadete Verkäuferin. Und dass ihr blonder Kopf daneben noch wirkt wie die Antwort der Londoner City auf Claudia Schiffer, hat ihr im Kreise der gesetzten Banken-Herren die Überzeugungsarbeit vielleicht auch ein bisschen leichter gemacht.

Die Grundidee Saunders und ihres Bereichs ist einfach: Die Bank kauft ein Unternehmen und finanziert den Kaufpreis durch die Ausgabe von Anleihen; diese festverzinslichen Wertpapiere werden durch die laufenden Einnahmen des Unternehmens besichert. Damit schiebt der Unternehmenskäufer - also die Bank - viele Risiken auf die Anleihen-Käufer. Nach dieser "Umstrukturierung" verkauft man das Unternehmen mit Gewinn weiter.

Einkaufsfreudig

Das Risiko eines solchen Geschäfts liegt nicht nur darin, dass die Bank das Unternehmen nach der Umstrukturierung tatsächlich gewinnbringend los wird, sondern auch darin, dass sie Käufer für solche Anleihen findet. Saunders pflegte auf die Frage nach den Risiken bis vor kurzem zu antworten, sie habe in ihren 18 Jahren als Bankerin noch nie einen Verlust gemacht.

Ob die Rechnung tatsächlich aufgeht, stellt sich bei solchen Geschäften oft erst nach mehreren Jahren heraus. In der Zwischenzeit kann die Bank beispielsweise die Anleihen so bilanzieren, als würden sie zu einem guten Kurs einen Käufer finden.

Schnell allerdings hatte sich etwa bei dem Metallhandelskonzern RBG herausgestellt, dass die Bank jungen Hochstaplern auf den Leim gegangen war. Inwieweit Saunders persönlich in das 200-Millionen-Euro-Debakel verwickelt war, wurde nie ganz klar.

Vor Saunders Einkaufsfreude war offenbar nichts sicher. Einmal wollte sie im Namen der WestLB das gesamte britische Schienennetz übernehmen, ein anderes Mal beinahe das gesamte britische Telefon-Netz. Selbst beim ersten großen Saunders-Coup - es ging um die Finanzierung des Formel 1-Rennzirkus - hat die WestLB nie offiziell mitgeteilt, auf welchem Teil der Anleihen sie sitzen geblieben ist.

Zum größten Desaster bislang ist es freilich bei einem Fall gekommen, den Robin Saunders möglicherweise gar nicht selbst eingefädelt hat, sondern eher ausbaden musste: Das britische Unternehmen Box Clever, bei dem sich die WestLB bereits seit 1999 engagiert hatte, gilt mittlerweile als sanierungsbedürftig. Es bescherte der Bank einen so genannten Wertberichtigungsbedarf von über 400 Millionen Euro. Ob dieses Geld endgültig in den Sand gesetzt ist, weiß niemand, aber die Wahrscheinlichkeit ist hoch.

Aus dem Kreis der nordrhein-westfälischen WestLB-Eigner ist vor allem auch Unmut darüber zu hören, dass Saunders persönlich bei all den Geschäften, welche die Bank nun viel Geld kosten, richtig reich geworden ist.

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