Roaming wird billiger:Ohne Goldgrube erhöht sich der Kostendruck

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Umsatz gleich Ertrag: So lautete bisher mehr oder weniger die Gleichung der Mobilfunkunternehmen bei Auslandsgesprächen ihrer Kunden. Da die EU diese Praxis aber nicht mehr dulden will, müssen die Anbieter jetzt ihre Kosten senken.

Thorsten Riedl

Die Ankündigung von Vodafone, die Tarife für Handy-Telefonate im Ausland zu senken, verhindert nach Ansicht von Experten nicht eine bevorstehende branchenweite Regulierung solcher Gebühren durch die EU-Kommission.

Wer am Mittelmeerstrand telefoniert, muss bald weniger dafür berappen. (Foto: Foto: ddp)

Einig sind sich die Fachleute, dass der Kunde in Zukunft in jedem Fall durch günstigere Gebühren bei seinen Gesprächen im Ausland profitiert. In der Branche steigt aufgrund der geringeren Einnahmen im Ausland der Druck, Kosten zu senken.

Der britische Mobilfunkanbieter Vodafone hatte Anfang der Woche angekündigt, seine Minutenpreise für Gespräche mit dem Handy drastisch zu senken. Bis spätestens April 2007 sollen die Preise für Mobiltelefonate im Ausland um im Durschnitt 40 Prozent verglichen mit dem vergangenen Sommer sinken.

Reiseversprechen ausgeweitet

Vodafone weitet mit seiner Ankündigung ein Angebot namens Reiseversprechen aus. Mit dieser Vertragsoption können Kunden bereits seit vergangenem Jahr Telefonate in bestimmten Ländern zu Inlandspreisen zuzüglich einer einmaligen Gebühr von 0,75 Euro führen.

So genannte Roaming-Vereinbarungen zwischen den Betreibern von Mobilfunknetzen sorgen dafür, dass der eigene Kunde auch im Ausland über fremde Handy-Netze telefonieren kann.

Wer mit seinem Telefon außerhalb seiner Heimat unterwegs ist, zahlt im Moment jedoch relativ hohe Gebühren für seine Mobilgespräche. So kostet beispielsweise ein vierminütiges Telefonat in Frankreich mit einem deutschen Handy-Laufzeitvertrag bei den hiesigen Betreibern Vodafone, T-Mobile, E-Plus und O2 in der Regel fünf Euro oder mehr.

Ein Achtel des Preises

Ein vergleichbares Telefongespräch lässt sich innerhalb von Deutschland derzeit schon für ein Achtel dieses Preises führen. Außerdem zahlen Telefonierer im Ausland auch bei eingehenden Gesprächen. Das sollte ursprünglich die Rechnung des Anrufers schonen, der nicht wissen kann, wo sich sein Gesprächspartner gerade aufhält.

Viviane Reding sind die hohen Preise für Handy-Gespräche seit längerem ein Dorn im Auge. Die für Telekommunikation zuständige EU-Kommissarin will die Gebühren auf das Niveau von Inlandsgesprächen senken.

Sie hat der Branche für diesen Sommer eine Preisverordnung angedroht, sollten die Tarife nicht in Bewegung geraten. An diesem Freitag endet die Konsultationsfrist, in der Vorschläge zum Thema unterbreitet werden können.

Analysten sehen die EU-Initiative positiv: "Die Gewinner sind in jedem Fall die Endkunden", sagt Dan Bieler, Branchenfachmann bei dem Marktforschungshaus Ovum.

Die Unternehmen des Sektors haben es jedoch bislang versäumt, angemessen auf die Forderungen aus Brüssel zu reagieren. Die GSM Association, der weltweite Branchenverband der Mobilfunkbetreiber, begnügte sich mit dem Hinweis, dass die Roaming-Preise in Europa über das vergangene Jahr um acht Prozent gesunken sind.

Keine eigenen Ideen

Damit liegt der Preisverfall aber weit unter der zweistelligen Rate, mit dem Tarife in Deutschland im Moment sinken. "Die GSM Association hat zwar die Vorschläge der EU kritisiert, aber keine eigenen Ideen zur Verbesserung unterbreitet", sagt Martin Gutberlet, Mobilfunkfachmann beim Marktforschungsinstitut Gartner. Ob der Schritt von Vodafone zur Senkung der Gebühren ausreiche, hänge daher auch von den anderen Mobilfunkern ab.

"Wir brauchen für das Roaming keine Regulierung. Das schafft der Markt selbst", erklärt ein T-Mobile-Sprecher. Das Unternehmen - hinter Vodafone die Nummer zwei in Europa - macht Mobiltelefonate im Ausland zum Sommer daher um 30 Prozent günstiger.

"Echtes Interesse"

O2 Deutschland bringt nach Angaben aus Firmenkreisen die Ankündigung sinkender Roaming-Gebühren in den nächsten Tagen. E-Plus verfolgt die Entwicklung mit "echtem Interesse", sagt Marcel Smits, Finanzchef der E-Plus-Mutter KPN.

Von den vier deutschen Mobilfunkbetreibern senkt Vodafone jedoch als einziger nicht nur die Preise für seine Endkunden, sondern auch seine Großhandelspreise für andere europäische Netzbetreiber von 0,70 auf 0,45 Euro pro Minute.

Dieses so genannte Terminierungsentgelt wird fällig, wenn Kunden anderer Mobilfunkunternehmen über ein Vodafone-Netz telefonieren. Branchenbeobachter werten das als Zeichen in Richtung Brüssel - was Vodafone jedoch nicht allzu schwer gefallen sein dürfte.

Globale Präsenz

"Dank nahezu globaler Präsenz ist es für den britischen Konzern verhältnismäßig einfach, seine Preise abzusenken", erklärt Philipp Geiger, Telekommunikationsexperte bei der Unternehmensberatung Solon.

Die Diskussion um die überhöhten Netzgebühren trifft die Mobilfunkunternehmen allerdings in einer schwierigen Zeit: Telefonieren mit dem Handy wird immer günstiger. An neuen umsatzträchtigen Datendiensten mangelt es noch.

"Für Firmen der Branche wird es schwerer, das Erlöswachstum der vergangenen Jahre in den gesättigten europäischen Märkten beizubehalten", sagt Ovum-Berater Bieler. Die Unternehmen werden daher künftig den Gürtel enger schnallen müssen. Die Fachleute rechnen damit, dass Mobilfunkbetreiber Randbereiche aus ihren Betrieben ausgliedern, um so Kosten zu senken.

Ausgliederungen

Zu solchen Funktionen außerhalb der Kernsegmente zählt beispielsweise die hauseigene IT. Das Unternehmen Hutchison 3 UK geht in Großbritannien noch weiter und gliedert sein Mobilfunknetz aus. Der schwedische Netzwerkausrüster Ericsson betreibt die technischen Anlagen. 3 UK konzentriert sich auf das Entwickeln neuer Produktpakete und das Marketing.

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