Riskante Anlagen:Hedge Fonds in Nöten

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Die Angst vor einem größeren Beben der Finanzmärkte kehrt zurück. Mindestens ein Fonds soll sich bei General Motors massiv verspekuliert haben.

Von Martin Hesse

Niemand hat das bislang bestätigt. "Auch wir haben die Gerüchte gehört, wissen aber nicht, wer betroffen ist und in welcher Größenordnung", sagt etwa Johan Ahlström, Partner bei Allianz Hedge Fund Partners.

Die Pleite des LTCM Fonds führte 1998 zu einer weltweiten Krise der Finanzmärkte. (Foto: Foto: dpa)

Doch viele Anleger gingen auf Nummer sicher. Sie zogen Geld aus riskanten Anlagen wie Aktien und Unternehmensanleihen ab und steckten es in Staatsanleihen. Die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen fiel deshalb am Mittwoch auf ein Rekordtief von 3,31 Prozent.

Die Angst vor einem neuen Fall à la Long Term Capital Management (LTCM) kehrt immer wieder in die Köpfe der Investoren zurück. 1998 hatte sich LTCM mit russischen Anleihen verspekuliert.

Anlage auf Pump

Und weil der Vier-Milliarden-Dollar-Fonds per Kredit mit dem zwanzigfachen Einsatz hantierte, drohte er eine Reihe großer Banken mit in die Tiefe zu reißen, ehe die Notenbanken stützend eingriffen.

Ein neuer Fall LTCM gilt heute als unwahrscheinlich, weil Hedge-Fonds im Durchschnitt mit geringerem Krediteinsatz, man spricht auch von Hebel oder Leverage, arbeiten. LTCM war allerdings schon damals ein Ausnahmefall, der sich heute durchaus wiederholen könnte.

Außerdem mehren sich die Hinweise auf Probleme in der Branche. So haben Hedge-Fonds nach Angaben der Beratungsfirma Hennessee Group im April im Durchschnitt 1,75 Prozent verloren, so viel wie seit September 2002 nicht mehr.

Auch seit Jahresbeginn liegen die Fonds leicht im Minus. Zwar erscheint das wenig, wenn man bedenkt, dass etwa der amerikanische Aktienindex S&P500 in diesem Jahr um vier Prozent gefallen ist.

Gesunkene Erträge

Doch haben Hedge-Fonds noch Mitte der neunziger Jahre 15 Prozent und mehr abgeworfen, seitdem sinken die Erträge.

Dafür gibt es vor allem zwei Gründe: Der hohe Mittelzufluss der vergangenen Jahre und die Entwicklung an Aktien- und Anleihenmärkten. Die Zahl der Hedge-Fonds ist seit 1995 von gut 2000 auf mehr als 8000 gestiegen, das verwaltete Volumen von 76 Milliarden auf eine Billion Dollar.

Hedge-Fonds verfolgen vielfältige Strategien und werben damit, unabhängig von der Entwicklung am Aktienmarkt Gewinn erzielen zu können, etwa indem sie auch auf fallende Kurse spekulieren.

Doch tun sich auch Hedge-Fonds am leichtesten, wenn es an den Märkten einen klaren Auf- oder Abwärtstrend gibt. An den Aktienbörsen gibt es den schon seit 2004 nicht.

Am Anleihenmarkt verdienten Hedge-Fonds lange Zeit gut, indem sie zu niedrigen kurzfristigen Zinsen Geld liehen und es in langfristige Anleihen mit etwas höheren Renditen investierten. Doch seit in den USA die Leitzinsen steigen und die Kurse langfristiger Anleihen stark schwanken, ist das Geschäft schwieriger geworden.

Suche nach neuen Wegen

"Es ist eine Erfahrung des vergangenen Jahres, dass gute Ideen rar und Geld reichlich ist", sagt Sy Schlüter, Manager des Hedge-Fonds Copernicus. In solch einem Umfeld schössen sich viele Investoren auf die gleiche Meinung ein und erhöhten noch dazu den Hebel, um die Erträge aufzupeppen. "Tritt dann das erhoffte Szenario nicht ein, geht sehr viel Geld verloren", erklärt Schlüter.

So sei es offenbar bei General Motors gewesen. Hedge-Fonds sollen auf einen Anstieg von GM-Anleihen und einen Kursverlust von GM-Aktien gesetzt haben. Das Gegenteil trat jedoch ein. Die Aktien legten kräftig zu, nachdem der amerikanische Milliardär Kirk Kerkorian eine Aufstockung seiner GM-Beteiligung angekündigt hatte.

Die GM-Anleihen fielen hingegen massiv, nachdem Standard & Poor's ihnen Schrottanleihen-Status zukommen ließ. Zwar war die Herabstufung auch von Hedge-Fonds erwartet worden, doch ging S&P mit der Note überraschend gleich um zwei Stufen herunter und behielt einen negativen Ausblick.

Geldabflüsse bringen Fonds unter Zugzwang

Vergangene Woche hatte US-Notenbankchef Alan Greenspan vor Problemen in der Hedge-Fonds-Branche gewarnt: Zögen die Investoren der Fonds ihr Geld ab, was sie in der Regel monatlich tun können, könnte dies die Manager zwingen, in großem Stil Wertpapiere zu verkaufen.

"Wenn das passiert, wird das vor allem in wenig liquiden Märkten sichtbar, sei es bei MDax-Aktien oder in den Schwellenmärkten", sagt Schlüter.

Um sich dem Herdenverhalten in engen Märkten wie dem für Unternehmensanleihen zu entziehen und neue Ertragsquellen zu erschließen, suchen vor allem große Hedge-Fonds neue Wege.

So gesehen ist auch der Einstieg von TCI bei der Deutschen Börse ein Krisensymptom. Auf der Suche nach neuen Chancen verhalten sich Hedge-Fonds zunehmend wie Beteiligungsgesellschaften.

Sie kaufen große Aktienpakete oder ganze Unternehmen und versuchen die Strategie in ihrem Sinne zu beeinflussen - etwa indem sie auf hohe Ausschüttungen drängen, wie bei der Deutschen Börse.

© SZ vom 12.05.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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