Rio Tinto:Kampf der Bergbaugiganten

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Der weltweit größte Bergbaukonzern BHP Billiton will die Nummer zwei Rio Tinto kaufen. Rio will aber nicht übernommen werden und rüstet sich zum Gegenschlag. Und dann sind da noch die Chinesen.

Andreas Oldag

In der Bergbaubranche wird das Fusionsfieber angeheizt. Nach der 142-Milliarden-Dollar-Offerte des australisch-britischen Konzerns BHP Billiton an den Konkurrenten Rio Tinto gibt es neue Übernahmespekulationen.

Angeblich will der Staatsfonds China Investment Corp (CIC) gemeinsam mit chinesischen Stahlunternehmen 200 Milliarden US-Dollar (etwa 140 Milliarden Euro) für die britisch-australische Gesellschaft Rio Tinto bieten.

Zu dem Konsortium gehörten Baosteel, Shougang und die Angang Group, so das chinesische Wochenmagazin China Business. Ein Sprecher von Rio Tinto wollte dies nicht kommentieren und verwies auf Marktgerüchte. Anfang November hatte Rio Tinto das Übernahmegebot des Konkurrenten BHP Billiton als deutlich zu niedrig zurückgewiesen.

Begehrtes Eisenerz

Zwar zeigten sich Analysten in London skeptisch darüber, dass sich die Chinesen bei Rio Tinto engagieren. Vor zwei Jahren war der chinesische Erdölkonzern CNOOC mit der Übernahme der US-Ölfirma Unocal gescheitert. Ursache waren vor allem politische Widerstände im US-Kongress. Trotz dieser negativen Erfahrungen aus chinesischer Sicht wird der Rohstoffhunger des Schwellenlandes Chinas die Unternehmen zunehmend auf Einkaufstour ins Ausland treiben.

Im Fall BHP und Rio Tinto spielt die Eisenerzversorgung eine Hauptrolle. Beide Unternehmen kontrollieren etwa 40 Prozent des weltweiten Eisenerzmarktes. Die Erzpreise haben sich innerhalb der vergangenen drei Jahre verdoppelt. Analysten erwarten im kommenden Jahr eine weitere Steigerung um 25 bis 50 Prozent. Für die chinesische Stahlindustrie als einem der weltweit größten Erzabnehmer wird die kostengünstige Versorgung deshalb zu einer Überlebensfrage. Gelingt es der Volksrepublik, die Fusion von BHP und Rio Tinto zu durchkreuzen oder sogar selbst einen Produzenten zu übernehmen, wäre dies ein erheblicher strategischer Vorteil.

Rio-Tinto-Chef Tom Albanese will die Unabhängigkeit des Unternehmens verteidigen. "Wir können nur auf diesem Weg unsere ehrgeizigen Wachstumsziele erreichen". Albanese rechnet nach der Übernahme des kanadischen Aluminium-Konzerns Alcan mit deutlich höheren Synergien und will sich von mehr Beteiligungen trennen. So sollen Unternehmensteile im Wert von mindestens 15 Milliarden US-Dollar verkauft werden. Bisher waren Verkäufe im Wert von zehn Milliarden Dollar im Gespräch.

Rio Tinto hatte erst Mitte November die 38-Milliarden-Dollar-Übernahme von Alcan abgeschlossen. Neu auf der Liste möglicher Verkaufskandidaten stehen auch die Töchter Rio Tinto Alcan Engineered Products und Rio Tinto Minerals Talc sowie Beteiligungen an Kupfer-, Gold-, Zink-, Blei- und Uranminen in den USA und in Australien. Rio-Tinto-Chef Albanese erhofft sich durch die Spartenverkäufe eine Steigerung des Börsenwerts, sodass eine feindliche Übernahme erschwert wird.

Albanese muss sich allerdings sowohl gegen Ambitionen aus China als auch gegen BHP-Chef Marius Kloppers zur Wehr setzen. Angeblich plant Rio Tinto nun eine Gegenofferte an BHP. Kloppers will mit einer Fusion zwischen BHP und Rio Tinto den weltweit führenden Bergbaukonzern schaffen, dessen Geschäftsaktivitäten geographisch von Australien bis nach Alaska reichen würden.

Zu den Hauptprodukten zählen Eisenerz, Kohle, Kupfer, Nickel, Aluminium, Uran, Gold und Diamanten. Es zeichnet sich jedoch ab, dass BHP-Chef Kloppers vor großen Problemen steht, die eigenen Aktionäre vom Sinn einer solchen Übernahme zu überzeugen. Er hat deshalb ein Aktienrückkaufprogramm in Höhe von 30 Milliarden Dollar gestartet, um den schwachen Aktienkurs zu stützen.

Kloppers erhofft sich von der Fusion Synergieeffekte in Höhe von 3,7 Milliarden Dollar pro Jahr. Die Milliardeneinsparungen braucht der Konzernchef dringend, um BHP im Rohstoff-Monopoly besser zu positionieren. Nicht nur die Ausbeutung vorhandener Lagerstätten wird zunehmend teurer. Verschärfte Umweltauflagen erhöhen die Produktionskosten. Ähnlich wie die Erdölkonzerne haben die Bergbaufirmen weltweit einen großen Nachholbedarf bei Investitionen.

Starke Vorbehalte gegen eine Megafusion gibt es bei den Wettbewerbshütern. Experten halten es für wahrscheinlich, dass unter anderem auch die EU-Kommission in Brüssel ein förmliches Prüfverfahren starten wird. Die europäische Stahlindustrie befürchtet weitere Preissteigerungen bei Eisenerz, die sich auch auf andere Industrien wie zum Beispiel die Autohersteller auswirken könnten.

© SZ vom 27.11.2007/hgn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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