Rewe-Vorstand:Ein Kommen und Gehen

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Die Kölner Handelsgruppe Rewe ist immer noch damit beschäftigt, den Abgang ihres langjährigen Chefs Hans Reischl zu verarbeiten. Bereits drei Vorstände haben seit April 2004 das Unternehmen verlassen, nun könnte es bald die Nummern vier und fünf geben.

Stefan Weber

Doppelspitzen gelten in großen Unternehmen nicht immer als stabile Lösung. Doch Hans Schmitz, Gerd Bruse und Josef Sanktjohanser wollten in diesem Frühjahr beim Kölner Rewe-Konzern beweisen, dass ein Unternehmen sogar mit drei Chefs an der Spitze auf Dauer gedeihen kann.

"Wir werden zeigen, dass ein Gremium mit drei gleichberechtigten Managern besser arbeitet, als ein Vorstand, an dessen Spitze ein Sprecher steht", hatte Schmitz seinerzeit forsch formuliert.

Soviel Geduld wollte der Aufsichtsrat nicht aufbringen und bestimmte bereits wenige Wochen später mit dem früheren Debitel-Manager Achim Egner einen Branchenfremden zum Chef des zweitgrößten deutschen Handelskonzerns. Zeitgleich nahm der vor allem für den Einkauf verantwortliche Schmitz seinen Hut.

Vertrag nicht verlängert

Nun scheint der Tag nicht fern, an dem auch seine beiden einstigen Mitstreiter das Unternehmen verlassen. In der vergangenen Woche wurde bekannt, dass der 2006 endende Vertrag von Finanz- und Touristikvorstand Bruse nicht verlängert werden soll.

Und auch Sanktjohanser, zuständig für den selbstständigen Einzelhandel und das Großhandelsgeschäft, ist nicht mehr unumstritten. Im Umfeld der Rewe wird spekuliert, dass die "Personalie Sanktjohanser" beim Treffen des Aufsichtsrats in der nächsten Woche eine Rolle spielen könnte. Ein Unternehmenssprecher betonte dagegen am Dienstag: "Sanktjohanser ist Vorstand und bleibt Vorstand." Der 54-Jährige war erst im März 2004 auf den Chefsessel berufen worden.

Bruse und Sanktjohanser wären die Vorstände Nummer vier und fünf, die seit dem vorzeitigen Abschied des langjährigen Rewe-Chefs Hans Reischl im April vergangenen Jahres das Unternehmen verlassen. Der Kehraus in der Führungsetage hat vor allem damit zu tun, dass Reischl nach einem Vierteljahrhundert Alleinherrschaft eine wenig transparente Handelsgruppe hinterlassen hat, deren Strukturen vor allem auf ihn selbst zugeschnitten waren.

Chefkontrolleur als Strippenzieher?

In dieser Gemengelage war es ein kluger Schachzug des Aufsichtsrats unter Vorsitz von Klaus Burghard mit Egner einen externen, unbelasteten Manager an die Spitze des Unternehmens zu hieven. Der bemüht sich, reinen Tisch zu machen, alte Seilschaften zu kappen und mehr Offenheit bei der Rewe einziehen zu lassen.

Manch ein Insider behauptet jetzt, bei den Personalmaßnahmen ziehe in Wirklichkeit Chefkontrolleur Klaus Burghard die Strippen. In der Firmenzentrale an der Kölner Domstraße werden derartige Gerüchte als Gerede von Böswilligen abgetan. Dabei ist der öffentlichkeitsscheue Burghard durchaus erprobt in der Kunst des diskreten Personalpolitik. In Köln gilt der Jurist als Meister des Klüngel. Möglicherweise drängt er auch deshalb darauf, Tabula rasa im Vorstand zu machen.

So könnte er verhindern, dass die Affäre um den Kurzzeit-Vorstandschef Dieter Berninghaus weitere Kreise zieht. Der Manager soll Rewe beim Kauf einer Internetfirma vorsätzlich getäuscht haben. Das Zivilverfahren zwischen Berninghaus und dem Handelsunternehmen endete vor kurzem mit einem Vergleich.

Bei all dem Kommen und Gehen in der Führungsetage wundert es fast, dass Rewe gut im Geschäft ist. Selbst auf dem schwierigen deutschen Markt hat die Gruppe im ersten Halbjahr zugelegt. Zu tun gibt es jedoch noch genug. Vor allem bei den Supermärkten, wo Rewe neben den für dieses Jahr geplanten 175 Neueröffnungen auch durch Zukäufe weiter wachsen will.

© SZ vom 17.08.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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