Restrukturierung:Märklin nimmt wieder Fahrt auf

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Der Modellbahnbauer Märklin wird inzwischen von Finanzinvestoren gesteuert. Das neue Management will die Traditionsmarke wieder nach vorne bringen.

Dagmar Deckstein

Die neuen Eigentümer der Traditionsmarke Märklin sind entschlossen, den Modelleisenbahnhersteller wieder nach vorne zu bringen und in den nächsten drei Jahren zum unbestrittenen Marktführer zumindest in Europa aufsteigen zu lassen.

Märklin soll neue Vertriebskanäle bekommen. (Foto: Foto: dpa)

Interimsgeschäftsführer und Finanzchef Jan Kantowsky vom Restrukturierungsspezialisten Alix Partners meint auch, dazu das richtige Rezept zu besitzen: ,,Dazu braucht es ganz simples Managementhandwerk, nämlich über Strategien nicht nur zu reden, sondern sie auch umzusetzen.''

Im Gespräch mit der SZ erläuterte Kantowsky, der zusammen mit dem Unternehmensberater Ulrich Wlecke und Märklin-Markenmanager Stephan Unser seit Oktober die Geschicke des Unternehmens leitet, die strategischen Schwerpunkte des Spitzentrios.

Erlebniskaufhaus

Eine prominente Rolle bei der Weichenstellung spiele das Eröffnen neuer Vertriebskanäle. Zum einen forciert Märklin seit kurzem den Internetverkauf, ferner hat der größte europäische Modelleisenbahnbauer sein 1000 Quadratmeter großes Erlebniskaufhaus erst Ende Oktober sein Göppingen eröffnet, das inzwischen schon 50.000 Kunden Besucher verzeichnet hat.

Dass Märklin dort auch Lokomotiven, Waggons und Zubehör im Direktverkauf feilbietet, hat die Zunft der 1200 Modellbahnhändler erst einmal in Wallung gebracht. Aber Kantowsky hält das nur für einen vorübergehenden ,,Sturm im Wasserglas''.

Erste Erfolge

Die ersten Erfolge zeichnen sich Kantowsky zufolge bereits für Märklin und seine 1000 Beschäftigten ab. So sei der Umsatz im ersten Halbjahr 2006 um vier Prozent auf 49,2 Millionen Euro gestiegen, und bei einigen Produkten seien sogar Lieferschwierigkeiten wegen der großen Nachfrage zu verzeichnen.

Im Vorjahr war der Umsatz von 148,5 auf 123 Millionen Euro abgesackt. Kantowsky ist optimistisch, dass die Zahlen fürs Gesamtjahr 2006 viel erfreulicher aussehen.

Im Mai 2006 hatten die 22 untereinander zerstrittenen Familiengesellschafter das Unternehmen für 30 Millionen Euro an die britische Investorengruppe Kingsbridge Capital verkauft.

Für diese Lösung hatten sogar Betriebsrat und Beschäftigte auf Göppingens Straßen demonstriert, da sich Märklin wegen der sich gegenseitig blockierenden Gesellschafter kaum noch nach vorne bewegte.

Positiv aufladen

Für die Zukunft plant das Märklin-Management, durch einen entsprechenden Marktauftritt ,,das Thema Modelleisenbahn positiv aufzuladen'', wie sich Kantowsky ausdrückte.

Da sei zum Beispiel auch an jene früh in den Ruhestand verabschiedeten ,,Best Ager'' zu denken, die sich für ein solche zeitintensives Hobby in Konkurrenz zu Digitalkameras oder Computern begeistern könnten.

Für Kinder halte Märklin preisgünstige Startersets inzwischen auch beim Discounter bereit. Im übrigen breite sich zunehmend der Trend zum ,,Interaktionsspielzeug'' aus, das Eltern und Kindern gemeinsames Spielen ermögliche, anstatt, wie früher, Kinder mit Beschäftigungsspielzeug sich selbst zu überlassen. ,,In Zeiten der Pisa-Studien spielt das natürlich auch eine Rolle'', sagte Kantowsky.

Breiteres Produktspektrum

Im übrigen könne er sich auch gut vorstellen, dass Märklin sein Produktspektrum über Eisenbahnen hinaus erweitere. Immerhin habe das 1859 gegründete Unternehmen mit Puppenküchen begonnen und später auch Tretroller oder Modellautos angeboten.

Zudem plant Märklin, in den USA, Japan und dem europäischen Ausland mehr Präsenz zu zeigen. Großes Kaufinteresse hatte Jan Kantowsky am insolventen Nürnberger Gartenbahnhersteller LGB mit 150 Beschäftigten. Der aber ist noch am 21. Dezember an den Schmalspurbahn-Betreiber Hermann Schöntag verkauft worden.

Schöntag ist der Eigentümer der auf der Ostseeinsel Rügen fahrenden Kleinbahn ,,Rasender Roland''.

© SZ vom 28.10.06 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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