Ressourcen:Kein Öl für das irakische Volk

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Auch sieben Wochen nach Kriegsende leidet die irakische Bevölkerung immer noch unter Engpässen bei der Energieversorgung. Die Ölindustrie ist durch Krieg und Plünderungen schwer getroffen und die Besatzungsmächte drängen auf den Export der geförderten Rohstoffe.

Der Krieg und die Plünderungen haben der Ölindustrie schwer zugesetzt. Seit dem Fall von Bagdad am 9. April weist die Rohölförderung zwar steil nach oben, doch für die Menschen in Irak hat sich das bislang noch nicht positiv ausgewirkt. Sie benötigen Benzin und - hauptsächlich fürs Kochen - verflüssigtes Erdölgas (LPG).

Im Zweistromland lagern gut 112 Milliarden Barrel Erdöl. Dies ist die zweitgrößte Menge nach Saudi-Arabien (261 Milliarden Barrel). Den Besatzungstruppen fielen die irakischen Ölfelder nahezu intakt in die Hände. Nach Angaben des von den USA eingesetzten Erdölministers Thamir Ghadhban stieg die Erdölförderung von nahezu null Barrel Anfang April auf etwa 800.000 Barrel am Tag.

Davon entfallen auf die Anlagen der nördlichen Erdölregion um die Stadt Kirkuk etwa 600.000 Barrel, der Rest wird im Gebiet um die südliche Hafenstadt Basra gefördert. Die gesamte Fördermenge liegt zwar mehr als 200.000 Barrel über der Menge für den heimischen Bedarf, doch wegen einer Reihe von Problemen kommt die gesteigerte Produktion nicht den irakischen Konsumenten zugute.

Ein Teufelskreis der Engpässe

Viele LPG produzierende Anlagen wurden nach dem Zusammenbruch des Regimes von Saddam Hussein geplündert. Als Folge davon muss mehr Rohöl gefördert werden, um die gleiche Menge an Kochgas herzustellen wie vorher.

Zur gleichen Zeit blockiert überschüssiges Schweröl die Raffinerien, das in den nicht ausgelasteten Kraftwerken nicht zum Einsatz kommt, weil die Hochspannungsleitungen beschädigt sind. Umgekehrt beeinträchtigt der Strommangel den Betrieb der Raffinerien - mit dem Ergebnis, dass es zu viel Schweröl und zu wenig Kraftstoff gibt.

Deutlich wird die verzwickte Lage am Beispiel der staatlichen Erdölgesellschaft North Oil Co. (NOC) mit Sitz in Kirkuk. Der derzeitige Ausstoß von 500.000 bis 600.000 Barrel am Tag ist nach Angaben von NOC-Direktor Adel Kassas für die Produktion von verflüssigtem Erdölgas erforderlich, doch es gibt nach seinen Worten "keine Nachfrage seitens der Raffinerien".

Weniger als 350.000 Barrel Rohöl werden laut Kassas im nördlich-zentralen Landesteil verarbeitet: in Baidschi im nördlichen Zentralirak und in Daura bei Bagdad. Die restlichen 150.000 bis 200.000 Barrel werden gelagert, weil sie nicht exportiert werden können. "Die Lagerung ist etwa eine Woche lang möglich, danach werden wir das überschüssige Öl wieder zurück in die Felder leiten" sagt der Direktor.

Das Öl soll wieder sprudeln

Die Rohölförderung an den Exportterminals im Golfhafen Mina el Bakr und Ceyhan an der türkischen Küste ist derzeit wegen logistischer Schwierigkeiten unterbrochen. Die Tanks in Ceyhan sind bis oben hin voll mit 8,3 Millionen Barrel Rohöl aus der Zeit vor und während des Kriegs. Das entspricht einem Exportvolumen von vier Tagen zu Vorkriegszeiten.

Außerdem sind Reparaturarbeiten an der Pipeline zwischen den nordirakischen Erdölfeldern und Ceyhan erforderlich. Ein über einen Fluss führender Abschnitt wurde während des Kriegs durch eine Bombe zerstört. Nach Aussage eines westlichen Experten könnte hier allerdings eine unter der Erde verlegte Pipeline ab Beginn der Erdölförderung in Ceyhan Mitte Juni vorübergehend Abhilfe schaffen.

Etwa um die gleiche Zeit könnte auch Öl über die südlichen Pipelines nach Mina el Bakr gepumpt werden, heißt es bei der Staatlichen Vermarktungsorganisation State Oil Marketing Organization (SOMO) mit Sitz in Basra. Erdölminister Ghadbhan rechnet für Juni mit einer Fördermenge zwischen 1,3 und 1,5 Millionen Barrel. Davon seien allerdings 800.000 bis eine Million Barrel für den Export bestimmt.

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