Rente:Angst vor Kürzungen wächst

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Die Versicherungsträger warnen vor Minderung schon im kommenden Jahr. Das Sozialministerium kritisiert dies als "Verunsicherung der Rentner".

Von Christoph Schwennicke

Die Rentenversicherungsträger halten erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik eine Kürzung der Altersbezüge im kommenden Jahr für denkbar.

Rentner bei einer Demonstration gegen die Rentenpolitik der Bundesregierung. (Foto: Foto: AP)

"Sollten sich Befürchtungen realisieren, dass die Lohnentwicklung negativ läuft, hätte dies Auswirkungen auf die Anpassung 2006", sagte der Direktor des Verbandes Deutscher Rentenversicherungsträger (VdR), Franz Ruland, dem Nachrichtenmagazin Spiegel.

Für diesen Fall sehen die Anpassungsregeln eine Minusrunde bei den Renten vor. Zugleich prognostizierte der Verbandschef für dieses Jahr neue Finanzengpässe in der Alterskasse.

"Angesichts der wirtschaftlichen Entwicklung wird es immer wahrscheinlicher, dass Ende des Jahres die Rücklagen das gesetzlich vorgegebene Niveau unterschreiten werden", sagte Ruland.

Jedes Jahr Horrormeldungen

Das Bundessozialministerium wies die Äußerungen des VdR-Chefs umgehend als "pure Spekulation und unverantwortliche Panikmache" zurück.

Niemand könne die weitere Entwicklung der Löhne und Gehälter vorhersagen, sagte der parlamentarische Staatssekretär Franz Thönnes (SPD) am Wochenende im Fernsehen. Erst im April kommenden Jahres könnten darüber zuverlässige Aussagen gemacht werden.

Eine Ministeriumssprecherin kritisierte zugleich, dass fast jedes Wochenende die Rentnerinnen und Rentner mit neuen Horrormeldungen verunsichert würden.

"Vollkommen frei erfunden" nannte die Sprecherin Berichte, denen zufolge Sozialministerin Ulla Schmidt bereits an einem Notprogramm arbeite, mit dem die Finanzlage der Rentenversicherung aufgebessert und steigende Beitragssätze im kommenden Jahr vermieden werden sollen. "Eine solche Arbeit an einem Notprogramm gibt es nicht", betonte sie.

Liquidität sicherstellen

Laut Spiegel plant die Ministerin, den Bundeszuschuss zur Rentenversicherung um rund 1,7 Milliarden Euro zu erhöhen. Dazu sollten weitere so genannte versicherungsfremde Leistungen auf den Bund übertragen werden. Zudem erwäge die SPD-Politikerin, die Schwankungsreserve von derzeit 20 Prozent einer Monatsausgabe auf 10 Prozent abzusenken.

Laut Spiegel muss der Bund im Herbst die Liquidität der Rentenversicherung durch vorgezogene Bundeszuschüsse sicherstellen. In den ersten Monaten dieses Jahres hatten sich die Einnahmen der Rentenversicherung deutlich schwächer entwickelt als geplant.

Nächste große Reform

Der sozialpolitische Sprecher der Unions-Fraktion im Bundestag, Andreas Storm, sagte, die Rentenversicherung steuere "auf die größte Krise ihrer Geschichte zu". Dieses Jahr fehlten zwei bis drei Milliarden Euro in den Kassen.

Eine Rentenkürzung in 2006 halte er indes noch nicht für ausgemacht. Zunächst müsse man die Entwicklung der Löhne und Gehälter in diesem Jahr abwarten. Klar sei aber, dass es "nach der Bundestagswahl die nächste große Reform geben muss."

Aus Sicht des Wirtschaftsweisen Wolfgang Franz ist bei der schlechten Finanzlage der Rentenkassen "eine Kürzung auf jeden Fall besser als eine Erhöhung der Beiträge", da diese weitere Arbeitsplätze kosten würde.

© SZ vom 04.04.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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