Renovieren beim Umziehen:Einmal durchsaugen, fertig

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In vielen Fällen müssen Mieter beim Auszug weder streichen noch tapezieren - auch, wenn es im Vertrag steht.

Von Berrit Gräber, München

Sommerzeit ist Umzugszeit. Hunderttausende Jobwechsler mit Kindern siedeln bevorzugt in den großen Ferien in eine andere Stadt um. Wer die schulfreie Zeit auch zum Instandsetzen der alten Wohnung nutzen will, sollte vorher besser noch einmal in seinen Mietvertrag schauen.

Ein Großteil der Mieter kann sich das Renovieren getrost sparen, wie der Bundesgerichtshof (BGH) zigfach urteilte. Hunderte Klauseln zu Schönheitsreparaturen sind inzwischen ungültig. Tagelang weißeln, tapezieren oder lackieren muss in den meisten Fällen gar nicht mehr sein. Für Millionen Mieter heißt es beim Auszug oft nur noch: leerräumen, Einbauten entfernen, noch einmal staubsaugen und auf Wiedersehen - auch, wenn der Mietvertrag sie eigentlich schwarz auf weiß zur Renovierung verdonnert.

Je älter die schriftliche Vereinbarung, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass Mieter zum Schluss tatsächlich keinen Finger mehr rühren müssen, wie Ulrich Ropertz vom Deutschen Mieterbund in Berlin erklärt. Das gelte speziell für Altverträge vor 2002. Die mieterfreundliche Rechtsprechung des BGH macht's möglich. Aber auch in späteren Verträgen kommen noch unwirksame Renovierungsklauseln vor. Erfahren Mieter erst nach dem Umzug, dass sie unnötigerweise renoviert haben, dürfen sie sogar vom Vermieter Geld zurückfordern. Die Folgen der Rechtsprechung träfen die Vermieter, heißt es beim Eigentümerverband Haus und Grund.

Garantiert nichts tun muss, wer eine starre Fristenregel vorgeschrieben bekommt

Viele Bürger sind nach Ansicht Ropertz' nach wie vor davon überzeugt, dass sie selbst und nicht etwa der Vermieter fürs Tapezieren, Streichen und Parkettabschleifen zuständig sind. Dabei gilt laut Bürgerlichem Gesetzbuch, Paragraf 535, das Gegenteil. In der Vergangenheit war es nur üblich, Renovierungsarbeiten auf die Bewohner abzuwälzen. Was der Vermieter tatsächlich verlangen darf und was nicht, hängt immer vom Wortlaut im Mietvertrag ab. Ist nur eine einzige Klausel nach den BGH-Vorgaben unfair formuliert, müssen die Mieter nichts mehr machen. Dann geht es immer um ganz renovieren oder gar nicht.

Garantiert nichts tun muss, wer in seinem Vertrag eine starre Fristenregel findet. Ein strenges Zeitkorsett, wonach Räume zwangsweise alle zwei, drei oder fünf Jahre renoviert werden müssen, erklärte der BGH für unwirksam ( VIII ZR 360/03). Soll "mindestens" oder "spätestens" nach xy Jahren renoviert werden, muss der Bewohner auch nicht ran. Ebenso wenig bei Klauseln, wonach die Bleibe "wie überlassen" oder "in vertragsgemäßem Zustand" zurückgegeben werden muss ( VIII ZR 339/03).

Wer in eine unrenovierte Wohnung eingezogen ist, kann sich Schönheitsreparaturen zum Schluss ebenfalls sparen. Das gilt auch dann, wenn ihm der Vermieter zum Einzug einen Zuschuss zur Instandsetzung zahlte, berichtet der Deutsche Anwaltverein (DAV). Fein raus sind Mieter auch, wenn die Wohnung bei Auszug ein Schönheits-Lifting kriegen soll, ohne dass eine Renovierung während der Mietzeit berücksichtigt wird ( VIII ZR 166/08). Sie müssen auch nicht "die Türen und Fenster streichen" ( VIII ZR 210/08), wie es häufig verlangt wird. Oder etwa "Decken und Wände weißen" ( VIII ZR 47/11). Das Auswechseln von Teppichböden, die der Vermieter mal verlegt hat, kann sich der Mieter ebenfalls sparen. Gleiches gilt fürs Abschleifen und Versiegeln von Parkett. Auch das ist Vermietersache, Vertrag hin oder her. Selbst die knappe Formulierung "die Räume sind renoviert zurückzugeben" ist unwirksam ( VIII ZR 308/02). Einschränkung: Hat jemand seine Bleibe knallig in Rot, Grün oder Braun gestrichen, muss er die Wohnung beim Auszug "farblich neutral" zurückgeben, sagt Ropertz vom Mieterbund.

Wenn der Mieter schon nicht streicht, soll er häufig wenigstens mitzahlen. Das ist grundsätzlich erlaubt. Aber: Wird er vertraglich zu einem prozentualen Anteil an den Renovierungskosten nach starren Quoten verdonnert wie etwa "nach 12 Monaten 20 Prozent, nach 24 Monaten 40 Prozent", muss er gar nichts zahlen ( VIII ZR 52/06). Mieter müssen sich auch nicht beteiligen, wenn allein der Vermieter die Malerfirma bestimmen darf ( VIII ZR 285/12). Sie haben dann aber kaum Mitspracherecht bei der Farbgestaltung. Zudem ist danach eine Mieterhöhung wahrscheinlich.

Wer erst nach Renovierungsarbeiten merkt, dass er gar nichts hätte machen müssen, kann sein Geld zurückverlangen. (Foto: imago/JOKER)

Neuere Verträge dürfen wieder entsprechende Regeln auferlegen

Wer ein Übergabeprotokoll zum Auszug präsentiert bekommt, in dem nachträglich Schönheitsreparaturen individuell verlangt werden, sollte es nicht akzeptieren, rät Ropertz. Lässt sich der Mieter darauf ein, muss er letztlich doch renovieren - obwohl die ursprüngliche Klausel im Vertrag ungültig war, so der BGH ( VIII ZR 71/08).

Neuere Mietverträge dürfen wieder Schönheitsreparaturen auferlegen. Wer dehnbare Formulierungen wie "in der Regel", "ungefähr", "meist" oder "normalerweise alle drei Jahre" in seinem Vertrag findet, muss renovieren. Selbst wenn die üblichen Zeitabstände (drei, fünf, sieben Jahre) aufgelistet werden, bleibt diese Klausel wirksam. Es darf ja dann auch später gestrichen werden. Auch die Wörter "im Allgemeinen" oder "in der Regel spätestens" sind zulässig und vom BGH ( III ZR 351/04) abgesegnet.

Wer erst im Nachhinein merkt, dass er umsonst renoviert hat, kann sich, wie gesagt, Geld zurückholen ( VIII ZR 302/07). Die Rechnung einer Fachfirma darf an den Vermieter weitergereicht werden. Beim Malern in Eigeninitiative oder mit Freunden darf neben den Materialkosten noch Geld für die Hilfskräfte verlangt werden. Ansprüche auf Ersatz können allerdings sechs Monate nach Ende des Mietverhältnisses verjähren, wie das Landgericht Kassel urteilte ( 1 S 67/10).

© SZ vom 27.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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