Regressansprüche:Die Vergangenheit holt EM.TV ein

Lesezeit: 2 min

Der Bundesgerichtshof macht mit einem Urteil geprellten EM-TV-Aktionären Hoffnung auf Entschädigung. Auf das Unternehmen und seine Ex-Vorstände kommen Klagen in Millionenhöhe zu.

Von Daniela Kuhr

Gerade schien es, als würde Ruhe einkehren beim Münchner Medienunternehmen EM.TV. Nach Jahren der Krise und einer konsequenten Sanierung weist der einstige Börsenliebling wieder Erfolge vor.

Fahnen mit dem Firmenlogo vor dem Hauptsitz von EM.TV in München. (Foto: Foto: AP)

Und nun das: In einem jetzt veröffentlichten Urteil macht der Bundesgerichtshof (BGH) Aktionären, die den Konzern und seine früheren Vorstände Thomas und Florian Haffa verklagen, große Hoffnungen auf Schadensersatz.

Prompt kündigen Anwälte weitere Klagen in Millionenhöhe an und die Vergangenheit holt EM.TV ein.

Kursanstieg von 30.000 Prozent

Es geht um das Jahr 2000, das Jahr, in dem die Aktie des Konzerns bei 114 Euro ihren absoluten Höhepunkt erreicht hatte. In nur zweieinhalb Jahren war das Papier um mehr als 30.000 Prozent gestiegen. EM.TV und die Haffa-Brüder galten als die Stars des Neuen Marktes.

Doch dann kam der Absturz. Angeblich sollen die Geschwister die Öffentlichkeit mehrfach falsch informiert haben über die Lage bei EM.TV. Für eine Ad-hoc-Mitteilung zu den Halbjahreszahlen im August 2000 sind sie mittlerweile rechtskräftig strafrechtlich verurteilt worden. Die Brüder wehren sich allerdings mit einer Verfassunsgbeschwerde dagegen, über die noch nicht entschieden ist.

In dem jetzt vom BGH veröffentlichten Urteil stellen die Richter fest: Anleger, die zwischen Ende Februar und dem 1. Dezember des Jahres 2000 EM.TV-Aktien gekauft haben, könnten grundsätzlich den vollen Kaufpreis - gegen Rückgabe ihrer Aktien - verlangen. Und dies nicht nur von den Brüdern Haffa, sondern auch von EM.TV direkt (Aktenzeichen: II ZR 287/02).

Anleger in der Beweispflicht

Die Anleger müssten allerdings beweisen, dass sie ihre Aktien gerade wegen der falschen Informationen gekauft haben. Da die Vorinstanz dies nicht ausreichend geprüft hatte, verwiesen die Richter das Verfahren, hinter dem 42 Kleinaktionäre stecken, zurück ans Oberlandesgericht (OLG) München.

Dieses wird nun in jedem Einzelfall feststellen müssen, ob die falschen Börseninformationen ursächlich für den Aktienkauf waren. Insgesamt fordern die betroffenen Kläger knapp 600 000 Euro von EM.TV und den Haffa-Brüdern.

"Das ist ein riesiger Etappensieg für uns", sagt die Münchner Anwältin Daniela Bergdolt, die die Kleinaktionäre vertreten hat. Erstmals habe der BGH festgestellt, dass auch EM.TV haftet. Zudem hätten die Richter die Beweisführung erleichtert.

Ad-hoc-Mitteilungen als Schlüssel

"Je schneller der Aktienkauf auf die falsche Ad-hoc-Mitteilung folgte, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass zwischen beiden ein ursächlicher Zusammenhang besteht", so Bergdolt. Sie sieht deshalb gute Chancen für geprellte Aktionäre.

Ihre Kanzlei habe bereits weitere Klagen bei Gericht eingereicht. Insgesamt steckten dahinter 225 Kläger, die zusammen 2,1 Millionen Euro fordern, sagt Bergdolt.

Regressforderungen an Haffa-Brüder

Bei EM.TV zeigt man sich dennoch nicht beunruhigt. Von etwa 100 Verfahren habe das Unternehmen noch kein einziges verloren, sagt ein Sprecher von EM.TV. Deshalb gebe es bislang auch keine Rückstellungen. Und die 42 Kläger, deren Prozess jetzt vor dem OLG München neu aufgerollt wird, müssten ja erst noch beweisen, dass sie gerade wegen der falschen Informationen gekauft haben.

Dies sei aber noch nie gelungen. Der entscheidende Punkt jedoch, warum man bei EM.TV gelassen bleibt, dürfte dieser sein: Sollte das Unternehmen tatsächlich Schadensersatz zahlen müssen, würde es die Haffa-Brüder in Regress nehmen. Das kündigte der Medienkonzern am Dienstag in einer Pressemitteilung an.

© SZ vom 20.7.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: