Regierungsgeschäfte:Eichel will mit Post-Pensionen Milliarden machen

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Der Bundesfinanzminister will mit einem komplizierten Börsengeschäft dafür sorgen, dass Deutschland im nächsten Jahr wieder den europäischen Stabilitätspakt einhält.

usc

Eichel lässt derzeit in seinem Ministerium prüfen, ob er künftige Forderungen des Bundes gegenüber der Post und Telekom vorzeitig zu Geld machen kann.

Ähnlich wie beim Verkauf von Russland-Schulden im Sommer dieses Jahres, könnte dies durch eine milliardenschwere Anleihe geschehen. Das Finanzministerium wollte die Pläne am Donnerstag offiziell nicht bestätigen.

Ein Sprecher sagte: "Wir beteiligen uns nicht an den täglich neuen Spekulationen". Informierte Ministeriumskreise bestätigten jedoch, dass ein solches Anleihegeschäft intern vorbereitet werde.

"Wir sind fassungslos"

Man habe bereits erste Gespräche mit Investmentbanken geführt. Die Staatsbank KfW ist nach eigenen Angaben bislang nicht kontaktiert worden.

Die Nachfolge-Unternehmen der Post müssen sich bis zum Jahr 2090 mit rund 18 Milliarden Euro an den Pensionen ehemaliger Postbeamter beteiligen.

Sollte die Regierung sich dazu entschließen, diese Forderungen gegenüber Post und Telekom an der Börse zu verkaufen, würde sie jedoch wohl nur einen hohen einstelligen Milliardenbetrag erzielen.

Denn Eichel müsste den Investoren einen Risikoabschlag gewähren. Der Bund müsste zudem künftig die Pensionszahlungen der Postbeamten ganz alleine finanzieren.

Die Opposition kritisierte die Pläne deshalb heftig. Der Haushaltsexperte der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Steffen Kampeter, warf der Regierung vor, sie verschleudere zukünftige Einnahmen, um heutige Haushaltslöcher zu stopfen: "Wir sind fassungslos. Man kann den Bundeshaushalt doch nicht wie einen hochriskanten Hedge-Fonds führen", sagte er der Süddeutschen Zeitung.

Unter Anspielung auf den Skandal um geschönte Defizitzahlen in Athen sprach der CDU-Politiker von der "Einführung der griechischen Buchhaltung". Natürlich sei solch ein Geschäft technisch möglich, aber es widerspreche dem Prinzip der jährlichen Haushaltsführung: "Den heutigen Vorteil der Investoren muss der Steuerzahler künftig bezahlen."

Der Finanzminister wird seine Pläne voraussichtlich am Donnerstag der kommenden Woche vorstellen. An diesem Tag legen die Steuerschätzer ihre Zahlen für das nächste Jahr vor.

Brüssels Haltung unklar

Experten gehen davon aus, dass in den Etats von Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialkassen rund zehn Milliarden Euro aufgebracht werden müssen, damit Deutschland im nächsten Jahr wieder die EU-Schuldengrenze von drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts einhalten kann.

Im Finanzministerium herrschte am Donnerstag noch Unklarheit darüber, ob der Pensions-Deal tatsächlich hilft, den Stabilitätspakt einzuhalten. Offenbar werden darüber derzeit Gespräche mit den Experten der EU-Kommission und der europäischen Statistikbehörde geführt.

Den Verkauf von Russland-Schulden hatten die Brüsseler Stabilitätswächter nicht anerkannt. Die beiden Fälle seien aber unterschiedlich gelagert, hieß es im Finanzministerium.

© SZ vom 29.10.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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