Reform des Systems:Merkel fordert Datensteuer

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Menschen geben ihre Daten kostenlos an Konzerne, diese verdienen damit Geld - ein Problem, findet die Kanzlerin. Sie will eine zügige Reform des Steuersystems: Daten sollen wie andere Dinge auch einen Preis haben.

Von Cerstin Gammelin, Berlin

Dass es ein Gipfel so ganz nach ihrem Geschmack war, daran ließ Bundeskanzlerin Angela Merkel keinen Zweifel. "Sie wollen ja Lösungen", das freue sie sehr, sagte Merkel gleich zu Beginn ihres Auftritts auf dem Global Solutions Summit in Berlin. Um dann in der anschließenden Fragerunde mit einer radikalen Forderung aufhorchen zu lassen, die ihrer Meinung nach schnellstens einer Lösung harrt: die gerechte Besteuerung von Daten.

Man brauche eine radikale Reform des Steuersystems, um den Wert von Daten besser bewerten zu können, sagte die Kanzlerin. "Die Bepreisung von Daten, besonders die der Konsumenten, ist aus meiner Sicht das zentrale Gerechtigkeitsproblem der Zukunft." Die Kanzlerin warnte davor, dass man ohne die Reform des bestehenden Steuersystems eine sehr ungerechte Welt erleben werde, in der die normalen Verbraucher ihre Daten kostenlos lieferten und andere damit Geld verdienten. Daten seien der Rohstoff der Zukunft, mahnte sie, mit diesem Rohstoff müsse sorgsam umgegangen werden. Merkel warnte vor "der Gefahr einer großen Ungerechtigkeit auf der Welt". Wie andere Dinge müssten auch Daten bepreist und besteuert werden, forderte sie. "Das müssen wir in unser Steuersystem einarbeiten."

Wie kann man Konzerne wie Apple und Facebook zu einem Beitrag verpflichten?

Die Forderung nach der Besteuerung von Internetkonzernen und Datenverarbeitern steht seit einiger Zeit schon auf der Tagesordnung von internationalen Gremien wie G 20 oder der Organisation der Industriestaaten OECD. Auch die Europäische Union versucht, eine Datensteuer einzuführen. Die EU-Kommission hatte vorgeschlagen, für Firmen mit einem jährlichen Umsatz ab 750 Millionen Euro sowie einem Online-Umsatz von 50 Millionen Euro in Europa drei Prozent Ertragssteuer zu verhängen.

Der Vorschlag ist umstritten. Obwohl sich alle Beteiligten einig sind, dass IT-Giganten wie Apple, Facebook oder Google deutlich mehr Steuern entrichten sollten, ist unklar, wie diese Forderung ohne Kollateralschäden im bestehenden System umgesetzt werden kann.

Merkel verwies darauf, dass sich das gegenwärtige Problem im Umgang mit Daten an der Diskussion in der Europäischen Union zeige. Das Problem ist, dass das bisherige, analoge Steuersystem darauf abstelle, dass die Steuer am Sitz des Unternehmens entrichtet werden muss, egal, wo der Umsatz erzielt und das Produkt verkauft werde. Wenn jetzt über eine Steuer für amerikanische Internetkonzerne in Europa debattiert werde, so orientiere die sich am Umsatz der Unternehmen am jeweiligen Ort. Im Bundesfinanzministerium warnen Fachleute davor, statt der Körperschaftsteuer die Umsatzsteuer einzuführen. Bundesfinanzminister Olaf Scholz sagte, die Digitalisierung habe ein "doppeltes Gesicht". Sie könne Wohlstand erhöhen, aber auch zu Verwerfungen führen.

Merkel forderte in Berlin nun Vorschläge von Wissenschaftlern, wie ein Steuersystem im Digitalzeitalter eingerichtet werden könnte. Sie halte das "für eines der wichtigsten Dinge", sagte sie zur nötigen Reform der Besteuerung.

© SZ vom 30.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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