Reaktionen auf EuGH-Urteil:"Rote Karte für die Bundesregierung"

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Während Hans Eichel das Urteil des Europäischen Gerichtshofs als "sehr weise" bezeichnet, fordert die Opposition einen neuen Finanzminister.

Union und FDP werten das Urteil des Europäischen Gerichtshof (EuGH) als Niederlage für Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD), der ein Defizitverfahren gegen Deutschland im November verhindert hatte.

Mit der Feststellung, dass diese Entscheidung des Ministerrats nicht mit dem EU-Vertrag vereinbar sei, hätten die Luxemburger Richter Eichel "eine schallende Ohrfeige erteilt", erklärte der Unions-Fraktionsvize Friedrich Merz.

"Eine Niederlage"

Der EuGH habe "all denjenigen eine Niederlage erteilt, die für eine Aufweichung" des Stabilitätspaktes plädierten.

CSU-Landesgruppenchef Michael Glos forderte Bundeskanzler Gerhard Schröder auf, Eichel abzuberufen. Ein neuer Finanzminister müsse "ein klares haushaltspolitisches Konzept" vorlegen, wie das Haushalts-defizit unter die Grenze von drei Prozent zu drücken sei.

Eichel nicht mehr tragbar

Auch aus Sicht des FDP-Vorsitzenden Guido Westerwelle ist Hans Eichel nicht mehr tragbar. Der Bundesregierung sei höchstrichterlich die rote Karte gezeigt worden, sagte Westerwelle. Eichel müsse zurücktreten.

Westerwelle nannte die Entscheidung des EU-Gerichtshofes einen Sieg der Vernunft. Deutschland sei einmal Musterbeispiel für Stabilität gewesen, heute sei die deutsche Regierung "schlimmster Sünder" in Europa und Eichel ein reiner Schuldenmacher.

"Sehr weises Urteil"

Der Bundesfinanzminister selbst hat die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zum Stabilitätspakt als ein "sehr weises Urteil" bezeichnet. Der Beschluss stärke das Zusammenwirken der Europäischen Institutionen — des Rats und der Kommission, sagte Eichel.

Das Urteil bedeute ferner, dass der Stabilitäts- und Wachstumspakt kein mechanisches Sanktionsverfahren enthalte.

Die EU-Kommission hat das Urteil zum Stabilitätspakt begrüßt. Die Entscheidung bestätige die Sicht der Kommission bei der Anwendung des Paktes, sagte EU-Kommissionspräsident Romano Prodi.

Sie werde zudem dafür sorgen, dass das Defizitverfahren "transparenter und vorhersagbarer" werde. Ein Sprecher von Finanzkommissar Joaquin Almunia fügte zu den Auswirkungen des Urteils an, im Prinzip befinde sich das Verfahren gegen Deutschland und Frankreich nun wieder vor dem 25. November vergangenen Jahres, als der EU-Ministerrat von der Kommission geforderte Sanktionen wegen übermäßiger Haushaltsdefizite gegen beide Länder abgeblockt hatte.

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