RAG-Chef Müller soll abgelöst werden:Demontage eines gewieften Taktikers

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Mit viel Geschick hat Werner Müller den Ausstieg aus der teuersten Dauersubvention der deutschen Wirtschaftsgeschichte eingefädelt - dem Steinkohlebergbau. Doch nun ist dem früheren Bundeswirtschaftsminister offenbar ein haarsträubender Fehler unterlaufen.

Die Großaktionäre des RAG-Konzerns, RWE und Thyssen-Krupp, arbeiten offenbar an der Demontage von Vorstandschef Werner Müller.

Vor allem RWE werfe Müller im Zusammenhang mit dem geplanten Verkauf der RAG-Tochter Saar Ferngas "Pflichtverletzungen" vor, schrieben Handelsblatt und Financial Times Deutschland unter Berufung auf einen Brief der RWE-Vorstände und RAG-Aufsichtsräte Berthold Bonekamp und Jan Zilius an Eon-Chef Wulf Bernotat, der dem RAG-Aufsichtsgremium vorsitzt.

Eigenmächtiges Handeln

Die Großaktionäre werfen dem Vorstandschef den Berichten zufolge vor, eigenmächtig eine Vereinbarung mit dem Stahlkonzern Arcelor Mittal zum Verkauf der Mehrheit am Versorger Saar Ferngas getroffen zu haben. Thyssen-Krupp unterstütze die Vorwürfe von RWE gegen Müller.

Die Absprache mit dem RAG-Anteilseigner Arcelor Mittal, die Saar Ferngas teilweise oder ganz übernehmen, ist möglicherweise rechtlich angreifbar, weil sie unter Umständen als Versuch einer unerlaubten Nebenabsprache betrachtet werden kann.

Der Verkauf der Saar Ferngas könnte nämlich womöglich in Zusammenhang mit dem geplanten Börsengang der RAG stehen. Mit der beabsichtigten Emission von RAG-Aktien sollen die Folgekosten des abzuwickelnden Kohlebergbaus finanziert werden. Wenn etwa die Zustimmung zum Börsengang der RAG durch Arcelor nur deshalb erfolgte, weil Arcelor dafür im Gegenzug den Zuschlag bei der Saar Ferngas bekam, dann könnte der Vorwurf einer versuchten unerlaubten Nebenabsprache unter Umständen geltend gemacht werden.

Abmachungen mit der RAG

Sollte sich dieser Vorwurf erhärten, wäre die größten RAG-Aktionär Eon und Thyssen-Krupp fast schon gezwungen, die bisherigen Abmachungen mit der RAG wieder in Frage zu stellen. Diese sehen unter anderem vor, die Erlöse aus dem Börsengang der profitablen RAG-Bereiche in eine Stiftung einzubringen, die in Zukunft die sogenannten Ewigkeitskosten tragen soll, die aus der Abwicklung des Kohlebergbaus entstehen.

Stattdessen könnten Eon und Thyssen-Krupp alleine schon aus rechtlichen Gründen gezwungen sein, Nachforderungen zu stellen, um Ermittlungen an den strengen US-Börsen zu vermeiden. Denn die US-Börsenaufsicht verbietet Geschäfte zum Nachteil der eigenen Aktionäre.

Sollten RWE und Thyssen-Krupp aber neue Forderungen stellen, könnte das die Zerschlagung des RAG-Konzerns zur Folge haben.

Sollte der Aufsichtsrat die Vorwürfe formell bestätigen, wäre Müller zum Rücktritt gezwungen. Müller habe die Vorwürfe schriftlich zurückgewiesen.

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