Rache bei Sat 1:Eine fette Gans

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Wenige Tage nach seinem Rücktritt als Chef des Berliner Privatsenders Sat 1 rechnet der Schweizer Roger Schawinski ab: mit Sat 1 und den Deutschen.

Hans-Jürgen Jakobs

Für seine Erkenntnisse über Deutschland und Sat 1 hatte sich Schawinski ein eidgenössisches Medium gesucht: die Wochenendbeilage Das Magazin der Züricher Zeitung Tagesanzeiger.

Ungebremst legt der 61-Jährige los und klagt, dass ihm bei Sat 1 in der Stunde des Erfolgs zu viele reinreden wollten: "Sat 1 ist wie eine fette Gans, an der sich viele Abteilungsleiter mästen wollten. Hier ein weiteres Zusatzgeschäft, dort ein neues Gewinnspiel, es gab so viele Möglichkeiten, weil Sat 1 unglaublich gut läuft."

Er habe laufernd "irgendwelche Begehrlichkeiten und Eingriffe ins Programm abwehren müssen". Schawinski: "Das hat mich etwas ermüdet."

Wenig erfreut über Nachkarten des Schweizers

Auch wenn manches ein wenig wie "Methode Schlawinski" wirkt - die Bekenntnisse desTV-Managers lassen tief blicken in jene Endzeit des Großaktionärs Haim Saban, der Mitte Dezember zusammen mit anderen Investoren seine Anteile verkauft hat.

Offenbar sollte die fette Gans zum Verkauf noch fetter werden. Schawinski zielt mit seiner Kritik erkennbar auf Marcus Englert, dynamischer Vorstand Diversifikation im Münchner Mutterkonzern Pro Sieben Sat 1 Media. Dort ist man über das Nachkarten des Schweizers alles andere als erfreut.

Schawinski will nun ein Buch über das Fernsehen in Deutschland schreiben. Es gäbe erstaunlicherweise "noch kein Buch von einem Autor, der in einer verantwortungsvollen Position war".

Abrechnung mit dem Privatfernsehen

Hier irrt der Meister: Gerhard Naeher, in der Anfangszeit von Sat 1 Chef des dortigen Aktuellen Presse Fernsehens (APF), hat sehr wohl in Buchform mit dem schrillen Medium Privatfernsehen abgerechnet.

Der langjährige RTL-Chef Helmut Thoma wiederum diktierte einem gestandenen Boulevardjournalisten Andekdote für Andekdote ins Manuskript, das es allerdings zu Thomas Bedauern nie zu einem Buch brachte.

In einem Essay für Das Magazin gibt sich der gewesene Sat-1-Chef Schawinski auch völkerkundlich. "Der Deutsche wäre eigentlich gerne so wie wir - weil er das nicht schafft, lacht er uns aus", steht über dem Beitrag des Schweizers. Man nehme die Eidgenossen "einfach nicht ganz ernst, auch wenn man die Schweiz heimlich bewundert", hat Schawinski beobachtet.

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