Quickborn in Finanznot:Haste mal 'nen Euro?

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Das chronisch klamme Quickborn in Schleswig-Holstein pumpt die Bürger an - und die Bafin schaut mit Adleraugen hin. Weil beim ersten Mal nicht alles glatt lief.

Melanie Ahlemeier

Eigentlich war alles ganz einfach: Bereitwillig und freiwillig liehen im vergangenen August viele Bürger der klammen Kommune Quickborn Geld. Vier Millionen Euro, für ein Jahr. "Es ist eine Win-win-Situation", freute sich CDU-Bürgermeister Thomas Köppl. Das Procedere fürs Bürgergeld gab es formlos auf einer knappen DIN-A4-Seite.

Doch eines hatten die Mitarbeiter im Rathaus verschlafen: Das Einsammeln von Geld, das nach einem Jahr mit drei Prozent verzinst wird, entspricht einem genehmigungspflichtigen Bankgeschäft. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) ließ ihre Muskeln spielen - und stoppte das bis dato so muntere Geld-Eintreiben im schleswig-holsteinischen Kreis Pinneberg. Die norddeutsche Stadt musste anschließend einiges über sich ergehen lassen: Spott, Häme - und blöde Kommentare. Das eingesammelte Geld musste zwar nicht rückabgewickelt werden, doch die Bafin war alarmiert.

Professionellen Beistand organisiert

Jetzt unternimmt Quickborn einen zweiten Anlauf - und hat dafür professionellen Beistand organisiert. Damit juristisch alles abgesichert ist und es später nicht wieder Ärger gibt. Die Bank für Investments und Wertpapiere (BIW) mit Sitz im rheinländischen Willich steht der Kommune im wahrsten Sinne des Wortes bei.

Von diesem Montag an hat die Bank für einige Tage mehrere Mitarbeiter nach Quickborn beordert. Sie helfen all jenen Bürgern, die der Kommune Geld leihen wollen, bei der Kontoeröffnung. Die weitere Kontoführung werde dann komplett online möglich sein, wie Michael Heinks, BIW-Vorstand Markt, zu sueddeutsche.de sagt.

Zwei Millionen Euro will die unter einer Schuldenlast von 12,6 Millionen Euro ächzende Kommune via Bürgergeld einsammeln.Das Geld soll gesplittet werden. Investoren haben daher die Wahl: Sie können ihr Geld entweder für zwei Jahre bei einem Zins von 1,5 Prozent anlegen oder aber für fünf Jahre und 2,6 Prozent Zins. Das ist zwar nicht viel, aber immerhin mehr, als viele konventionelle Angebote derzeit zu bieten haben. Quickborn hat das Geld nicht zweckgebunden verplant. "Es wird für alle Projekte genommen, die bezahlt werden müssen", heißt es im Rathaus.

Und wie viel verdient die Bank an dem Deal zwischen Stadt und Bürger? Das Institut erhält eine Marge von 0,15 Prozent - und die trägt die Kommune. "Wir verdienen nicht so viel daran. Es geht darum, das Modell stabil zu bekommen", sagt Banker Heinks. Seine Hoffnung ist klar: Das Beispiel Quickborner Bürgergeld könnte Schule machen. Auch andere finanziell angeschlagene Kommunen könnten ihre Bürger getreu dem Motto "Haste mal 'nen Euro" anpumpen und das Sammelverfahren über die BIW-Plattform abwickeln. Und dann könnte die BIW gute Geschäfte machen.

Irgendwie ist eben doch alles ganz einfach.

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