Prozess-Auftakt für Ackermann & Co.:Beim zweiten Mal ist alles anders

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Ring frei für die nächste Runde im Mannesmann-Prozess: Bescheidener als beim letzten Mal traten die Angeklagten am ersten Tag vor den Richter.

Daniela Kuhr

Auf den ersten Blick wirkt alles wie vor zwei Jahren: dasselbe Gerichtsgebäude, derselbe getäfelte Saal mit dem blauen Teppichboden, dieselben schwarzen Holztische. Hinten drängen sich etwa hundert Zuschauer, vorne unterhalten sich die Angeklagten mit ihren Verteidigern.

Deutsche Bank-Boss Josef Ackermann steigt vor dem Düsseldorfer Landgericht in seinen Dienstwagen. (Foto: Foto: dpa)

Um fünf nach neun betritt Oberstaatsanwalt Peter Lichtenberg den Raum. Zielstrebig geht der 48-Jährige auf Klaus Esser zu, begrüßt den früheren Mannesmann-Chef mit Handschlag und einem freundlichen Lächeln, bevor er sich an seinen Platz links unter dem Fenster setzt. Eine kleine Geste, aber sie zeigt: Es ist eben doch nicht alles wie beim ersten Mal.

Es ist der Auftakt zur zweiten Runde im Mannesmann-Prozess vor dem Landgericht Düsseldorf am Donnerstag. Der Bundesgerichtshof hatte die Freisprüche aus dem ersten Strafverfahren aufgehoben.

Zweite Runde

Nun beginnt alles von vorn: Wieder geht es um die Millionenprämien, die das Aufsichtsratspräsidium von Mannesmann nach der Übernahme durch Vodafone an Führungskräfte verteilte. Wieder müssen die sechs Beschuldigten Woche für Woche auf die Anklagebank, unter ihnen neben Esser der Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann, Ex-IG-Metall-Vorsitzender Klaus Zwickel und der frühere Aufsichtsratschef Joachim Funk.

Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen schwere Untreue oder Beihilfe vor. Allein Esser erhielt eine Prämie von 16 Millionen Euro, Funk bekam drei Millionen.

Und doch ist es diesmal nicht dasselbe. Das zeigt sich an kleinen Szenen, wie der mit dem Staatsanwalt. Lichtenberg ist neu im Verfahren, und er soll wohl dazu beitragen, dass sich die Stimmung nicht wieder so aufheizt wie beim ersten Mal. Damals hatten sich die Angeklagten und der zuständige Staatsanwalt häufig angegiftet. Das soll jetzt offenbar anders laufen.

Auch die Angeklagten geben sich Mühe. Ackermann, der damals die Öffentlichkeit mit einem Victory-Zeichen empört hatte, hält sich jetzt auffallend zurück. Statt wie die anderen Angeklagten im Gerichtssaal auf den Beginn zu warten, bleibt er draußen auf dem Gang. Die Arme verschränkt, steht er am Fenster und unterhält sich mit seinen Verteidigern.

Auch Esser gibt sich nicht mehr so fröhlich wie einst. Wortlos nimmt er seinen Platz ein, während er zuletzt hereingetänzelt war und den Journalisten ein gutgelauntes "Guten Morgen" zugerufen hatte. Dieses Mal will niemand provozieren.

Selbst die Zuschauer, die sich eingefunden haben, geben sich ganz sachlich, unemotional. "Ob die bestraft werden oder nicht, das ist mir eigentlich wurscht", sagt Ulrich Krömer, ein Rentner mit runder Brille und Schnauzbart. "Ich bin hier, weil ich hoffe, dass die moralischen Aspekte zur Sprache kommen, dass eine Wertediskussion stattfindet", sagt der 66-Jährige, der früher in der Stadtverwaltung gearbeitet hat.

Eine zierliche Frau mit halblangen braunen Haaren pflichtet ihm bei: "Angesichts der Summen habe ich zwar ethische Bedenken, aber strafrechtlich verfolgt werden muss das meines Erachtens nicht", sagt die Marketing-Managerin, die sich extra freigenommen hat.

Wenig Neues

Viel erfahren die beiden an diesem ersten Verhandlungstag allerdings nicht. Um 9.15 Uhr betreten der Vorsitzende Richter Stefan Drees, zwei Berufs- und zwei Laienrichter sowie drei Ersatzrichter den Saal. Nachdem Staatsanwalt Lichtenberg 45 Minuten lang die Vorwürfe vorgetragen hat, beginnt Drees, die Angeklagten zu befragen.

Funk erzählt, dass er mehr als 40 Jahre lang für Mannesmann gearbeitet hatte. Zwickel erzählt, dass er im Traum nicht gedacht hätte, einmal wegen Untreue vor Gericht zu stehen. Esser erzählt, dass er seit mehr als 30 Jahren verheiratet ist und seine Kinder sein ganzer Stolz sind.

Und Ackermann erzählt, dass er 11,9 Millionen Euro bei der Deutschen Bank verdient. Wenn man Einkünfte aus seinem Vermögen hinzurechne, dann komme man auf "irgendwas zwischen 15 und 20 Millionen Euro im Jahr".

Das klingt dann doch wieder ein wenig vertraut. Schließlich hatte Ackermann schon im ersten Prozess am liebsten die Millionenbeträge erwähnt, mit denen er täglich so umgehen muss. Ob er ansonsten seine Taktik ändern wird, stellt sich nächste Woche heraus: Für den kommenden Donnerstag hat er eine umfassende Aussage angekündigt.

© SZ vom 27.10.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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