Provisionen:Streit um Obergrenze

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Wenn Versicherungsvertreter Policen verkaufen, erhalten sie Provision. Wie viel erlaubt sein sollte, bleibt umstritten.

Von Jonas Tauber, Berlin

Es ist etwas ruhiger geworden um den geplanten "Provisionsdeckel" - die Beschränkung der Provisionszahlungen in der Lebensversicherung. Das ist wohl der Abnutzungseffekt. Seit Wochen wird darüber spekuliert, dass die Regierung das Vorhaben auf den Weg bringt. Doch der Referentenentwurf des Bundesfinanzministers spielte in der Kabinettssitzung vom 10. Juli erneut keine Rolle. Als Gegner gilt das CDU-geführte Wirtschaftsministerium. "Meine Einschätzung ist, dass das Bundeswirtschaftsministerium den Entwurf aus grundlegenden Erwägungen ablehnt", sagt der CDU-Abgeordnete Carsten Brodesser, der bei der Unionsfraktion im Bundestag für Versicherungsthemen zuständig ist, der SZ.

Er selbst ist gegen die Deckelung der Provisionen, die Vermittler erhalten, wenn sie eine Lebensversicherung verkaufen. Die durchschnittliche Provision liege bereits unter der vorgesehenen Obergrenze von vier Prozent, argumentiert er. Der vorliegende Entwurf sei ein "bürokratisches Monster", das junge Makler benachteilige.

Mit dem Provisionsdeckel will das Finanzministerium die Abschlusskosten senken - jedes Jahr zahlen die Kunden der Lebensversicherer knapp sieben Milliarden Euro dafür, dass Vertreter und Makler ihnen Policen verkaufen und die Gesellschaften sie in ihre Systeme einstellen. Das geht zu Lasten der Privatrenten im Alter.

Insgeheim fänden wohl auch viele Versicherungsmanager eine Begrenzung der Provisionen gut. (Foto: Jens Büttner/dpa)

Außerdem will die Regierung Fehlanreize in der Beratung beseitigen, also das Problem, dass Vermittler gerne solche Verträge anbieten, für die sie die meiste Provision bekommen - die aber nicht unbedingt im besten Interesse des Kunden sind.

Der Referentenentwurf sieht einen Provisionsdeckel von 2,5 Prozent der gesamten Beiträge vor, die der Lebensversicherungskunde über die Laufzeit des Vertrages zahlt. Wenn die Beratungsqualität besonders gut ist, soll dieser Wert auf bis zu vier Prozent steigen können. Darüber sollen die Versicherer anhand von Kriterien wie beispielsweise der Kündigungsquote befinden.

CDU-Mann Brodesser hält das Verfahren für kostspielig und kontraproduktiv. Es gehe zu Lasten von Berufseinsteigern, weil sie eine gute Beratungsqualität aus der Vergangenheit schlecht nachweisen könnten. Er und seine Kollegen aus der Arbeitsgruppe Finanzen der CDU/CSU haben einen Alternativvorschlag zur Begrenzung überhöhter Provisionen: Die Lebensversicherer sollen die tatsächlich gezahlten Provisionen der Finanzaufsicht Bafin melden müssen. "Wenn bestimmte Schwellenwerte überschritten werden, soll die Bafin angehalten sein, einzugreifen", erklärt er. Schon heute kann die Behörde aktiv werden, wenn sie einen Missstand erkennt.

Brodesser argumentiert, dass sie aber genaue Vorgaben benötigt, von welcher Grenze an Provisionen überhöht sind. Nach seiner Vorstellung soll das der Fall sein, wenn der Marktdurchschnitt um mehr als 30 Prozent überschritten wird.

In der Diskussion über die Provisionszahlungen geht es manchen um eine Begrenzung der Kosten vor dem Hintergrund der Niedrigzinsen. Die Lebensversicherer legen die Beiträge der Versicherten vor allem in langlaufenden festverzinsten Papieren an, die immer weniger Rendite abwerfen. Die Kosten für Vertrieb und Verwaltung sind deshalb in die Kritik geraten.

Aber viele Verbraucherschützer und einige Politiker sehen die Begrenzung von Provisionen nur als ersten Schritt auf dem Weg zu einem Verbot. Sie argumentieren, dass Provisionen zu einem Interessenkonflikt in der Beratung führen, weil der Vermittler nur bei einem Abschluss verdient. Sie fordern stattdessen eine Umstellung auf eine Honorarberatung, bei der Kunden für die Beratung selbst bezahlen - auch wenn es nicht zum Vertrag kommt.

Besonders hohe Provisionen zahlen Versicherer beim Abschluss von Restschuldversicherungen, die Banken zusammen mit Verbraucherkrediten verkaufen. Die Policen decken die Ratenzahlung für den Fall ab, dass der Kreditnehmer stirbt oder arbeitslos wird. Laut einer Bafin-Untersuchung sind Provisionen von 50 Prozent des Beitrags und mehr keine Seltenheit.

Der Vorschlag des Finanzministeriums sieht vor, die Provisionen auf 2,5 Prozent der Darlehenssumme zu beschränken. "Bei Restschuldversicherungen tragen wir das grundsätzlich mit", sagt Brodesser. Allerdings wünschen sich er und seine Kollegen aus der CDU/CSU-Arbeitsgruppe Finanzen einen höheren Deckel, er soll drei Prozent der Darlehenssumme betragen.

Außerdem wollen sie eine zweite Obergrenze - die Banken sollen nie mehr als 50 Prozent der Beiträge als Provision erhalten. Das soll verhindern, dass die Banken eher einfachere Policen mit schlechteren Leistungen verkaufen, bei denen sie dann unter den 2,5 Prozent (oder drei Prozent) der Darlehenssumme liegen, aber weiterhin prozentual hohe Provisionen kassieren können.

© SZ vom 15.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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