Probleme unterschätzt:General Motors gibt Fehler bei Opel zu

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GM-Chef Wagoner hat Fehler in der Europa-Strategie des Konzerns eingeräumt: "Wir waren bei einigen Schlüsselmodellen zu konservativ. Wir müssen beim Design progressiver und innovativer sein."

Von Karl-Heinz Büschemann und Harald Schwarz

In den letzten beiden Monaten des Jahres 2004 habe GM in Europa mit den Marken Opel, Vauxhall und Saab "wieder Fahrt aufgenommen", sagte Wagoner am Rande der Detroiter Autoschau.

Ein Mann betritt das Opel-Werk in Bochum. (Foto: Foto: ddp)

Der Marktanteil sei erstmals seit 1999 wieder gestiegen. "Wir haben die richtige Strategie", meinte der GM-Chef.

Wagoner sagte aber nicht, wo in Zukunft die europäischen GM-Mittelklasseautos vom Typ Opel Vectra oder Saab 9-3 gebaut werden sollen.

Zur Wahl stehen das Opel-Werk in Rüsselsheim und die Saab-Fabrik im schwedischen Trollhättan. Eine Entscheidung soll, so Wagoner, "im ersten Quartal dieses Jahres fallen".

Hartes Sanierungsprogramm

GM hatte Anfang Oktober ein hartes Sanierungsprogramm für das verlustreiche europäische Geschäft angekündigt. In diesem und im nächsten Jahr sollen etwa 10.000 der 32.000 deutschen Opel-Beschäftigten ihren Arbeitsplatz verlieren.

Wagoner, der sich bisher zur Opel-Krise nicht selbst geäußert hatte, räumte ein, GM habe in der Vergangenheit in Europa Fehler gemacht. "Wir waren bei einigen Schlüsselmodellen zu konservativ. Wir müssen beim Design progressiver und innovativer sein".

GM sei in Europa "in die Zange genommen worden". Die deutschen Premiumhersteller hätten sich nach unten bewegt und sich "in unser Marktsegment eingeschlichen". Von unten hätten andere Wettbewerber den Druck gesteigert. Dadurch seien die Kostenprobleme von Opel besonders zum Vorschein gekommen. "Wir wurden in der Mitte erwischt und wir haben zu langsam gehandelt."

"Nicht ausreichend"

Das vor dreieinhalb Jahren vom damaligen Opel-Chef Carl-Peter Forster aufgelegte Sanierungsprogramm Olympia, das die Streichung von 2500 Arbeitsplätzen vorsah, sei "nicht ausreichend gewesen."

Alle Entscheidungen über die Sanierung des Europa-Geschäfts würden auf höchster Konzernebene in Detroit getroffen. In der Vergangenheit habe Opel steigende Kosten leichter auf die Kunden abwälzen können als heute. "Diese Zeiten sind vorbei", sagte Wagoner.

"Wir können die Überschusskapazitäten, die hohen Arbeitskosten und die kurzen Arbeitszeiten in Deutschland nicht mehr tolerieren".

Wagoner räumte jetzt in Detroit auch ein, dass GM als größter Autokonzern der Welt ein besonderes Kostenproblem habe. Jedes Jahr müsse das Unternehmen, das auch in Nordamerika mit seinem Autogeschäft unter den Rabattkämpfen leidet und hohe Verluste macht, fünf Milliarden Dollar für die Gesundheitskosten seiner Mitarbeiter und Pensionäre aufbringen. Das sind rund 1400 Dollar pro Auto.

Wagoner bestritt jedoch, dass die deutschen Opel-Arbeiter und -Angestellten die Quittung dafür bekommen haben, dass der Mutterkonzern diese hohen Gesundheitskosten zu tragen hat.

"Da geht das Wachstum weiter"

Wagoner machte deutlich, dass die Zukunftsstrategie von GM sich auf jene Teile der Welt konzentrieren wird, wo das Wachstum am größten ist. Das gelte vor allem für Asien und China. Trotz der gegenwärtigen Abschwächung auf diesem Markt ist Wagoner sicher: "Da geht das Wachstum weiter."

General Motors mache in Asien, dem am schnellsten wachsenden Markt der Welt, bisher nur fünf Prozent seines Umsatzes. "Das ist kein Erfolgsmodell für zukünftiges Wachstum", unterstrich Wagoner. Es gebe "eine Handvoll Märkte" in der Welt, wo sich GM stärker engagieren wolle: "Viele davon sind in Asien".

Werkschließung nicht vom Tisch

Auch die Schließung von Werken ist noch nicht vom Tisch. Wagoner sagte: "Ich kann Fabrikschließungen in keinem Land der Welt ausschließen". Die Konkurrenz sei hart und rücksichtslos, die Überkapazitäten groß. "Wenn wir in Europa nicht erfolgreich sind, machen wir Fabriken dicht". Das wäre aber nur der Fall, wenn alle anderen Lösungsversuche zu keinem Ergebnis führten.

Unterdessen berichtete die Financial Times Deutschland über Spekulationen, wonach es bei Opel doch noch betriebsbedingte Kündigungen geben könnte.

Bislang hätten noch nicht einmal 100 Mitarbeiter Auflösungsverträge unterschrieben, schrieb die Zeitung in ihrer Online-Ausgabe. Ein Sprecher des Unternehmens wies den Bericht zurück. "Es ist einfach noch zu früh, um über Zahlen zu spekulieren. Von betriebsbedingten Kündigungen ist im Augenblick aber nicht die Rede."

Beschäftigungsgesellschaft

Nach der Betriebsvereinbarung, die Geschäftsleitung und Betriebsrat zur Sanierung des Autobauers ausgehandelt haben, müssen bis zum 31. Januar 6500 Mitarbeiter eine Abfindung akzeptieren und in eine Beschäftigungsgesellschaft wechseln. Allein im Bochumer Werk müssen 3600 Mitarbeiter auf diesem Weg ausscheiden.

© SZ vom 11.01.05 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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