Preissenkung der Telekom:"Eine klare Mischkalkulation"

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Mit einem rundum reformierten Tarifmodell will die Telekom ihren anhaltenden Verlust von Marktanteilen stoppen. Die Angebote der Konkurrenz seien für den Durchschnitts-Telefonierer aber meist immer noch günstiger, meinen Verbraucherschützer.

Angesichts wachsender Verluste bei den Marktanteilen im Festnetz will die Deutsche Telekom der Konkurrenz mit deutlichen Preissenkungen Paroli bieten.

Der Vertriebsvorstand der Festnetzsparte T-Com, Achim Berg, bei der Vorstellung des neuen Tarifsystems. (Foto: Foto: dpa)

Ab dem 1. März würden die Gebühren im Ortsnetz um maximal 75 Prozent und im Fernbereich um bis zu 59 Prozent gesenkt, teilte die Festnetztochter T-Com am Mittwoch in Bonn mit.

Gleichzeitig führt die Telekom erstmals eine Flatrate für Gespräche im Ortsnetz ein. Tarifexperten rieten Kunden, die neuen Preismodelle genau zu prüfen und mit ihrem tatsächlichen Bedarf abzugleichen.

Telekom-Kunden haben künftig die Wahl zwischen den vier Tarifen Call Plus, Call Time, XXL und XXL Freetime, die laut Unternehmen auf alle Bedürfnisse vom Wenig- bis zum Vieltelefonierer abgestimmt sind.

Erwartungen der Kunden

Der T-Com-Vorstand für Marketing und Vertrieb, Achim Berg, erklärte, mit den neuen Modellen und einer übersichtlicheren Preisstruktur komme die T-Com den Erwartungen der Kunden entgegen und wolle ihre Spitzenposition in Deutschland festigen.

Die gerät nach den gleichfalls am Mittwoch veröffentlichten Marktdaten der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP) aber zunehmend in Gefahr.

Im Ortsnetz liefen im vergangenen Jahr angesichts der wachsenden Konkurrenz durch neue Netzanbieter wie Versatel, HanseNet und Arcor sowie Call-by-Call-Firmen bereits 33 Prozent der Verbindungsminuten über Wettbewerber. 2003 waren es erst 25 Prozent gewesen und 2002 sogar nur 6,4 Prozent.

Umstellung des Zeittakts

Der billigeren Konkurrenz will die Telekom nun etwa im Ortsnetz auch mit einer Umstellung ihres Zeittaktes zu Leibe rücken. Bisher waren dort für vier Minuten sechs Cent fällig, unabhängig davon, ob diese Zeit tatsächlich ausgenutzt oder nur einige Sekunden telefoniert wurde. Nun wird pro Minute zum Preis von 1,5 Cent abgerechnet.

Auf diese Umstellung bezieht sich auch die Angabe der T-Com, Kunden könnten dort künftig bis zu 75 Prozent sparen. Dies gilt also für alle Telefonate, die unter einer Minute blieben.

Die Flatrate im Ortsnetz richtet sich vor allem an Vieltelefonierer. Im Zusatztarif "XXL Local" müssen Kunden zusätzlich 9,95 Euro pro Monat investieren, um Ortsgespräche dann zeitlich unbegrenzt ohne weitere Gebühren führen zu können.

Die Pauschale lohne sich, wenn mindestens 25 bis 30 Minuten pro Tag telefoniert wird, sagte Bettina Luther von Tarifvergleichsportal telfarif.de. Grundsätzlich seien zudem Kunden besser gestellt, die in einer Großstadt lebten und so mit einer Vorwahl relativ viele Ansprechpartner erreichten. Auf dem Land bringe die Ortsnetz-Flatrate dagegen wahrscheinlich eher selten Vorteile.

Spareffekt vor allem für Viel-Telefonierer

"Jeder Kunde muss genau überlegen, wie viel er wirklich telefoniert", resümierte Luther zu der neuen Tarifstruktur. Die teilweise deutlich günstiger erscheinenden Tarife seien aus Sicht der Telekom "eine klare Mischkalkulation". "Es wird Nutzer geben, die das tatsächlich ausnutzen, andere werden das nicht auskosten und zahlen im Vergleich zu anderen Angeboten drauf."

In den vergangenen Jahren war es der Telekom gelungen, den Marktanteilsverlusten bei Orts- und Ferngesprächen Umsatzzuwächse bei Breitbandleitungen für das Internet entgegenzusetzen. Doch auch in diesem Markt wird das Geschäft für die Telekom schwieriger: Es sei denkbar, dass die Telekom in diesem Jahr eine Million Teilnehmeranschlussleitungen (TAL) an ihre Konkurrenten abgeben werde, sagte der Präsident der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP), Matthias Kurth am Mittwoch in Bonn.

Mit derzeit 6,7 Million geschalteten DSL-Anschlüssen sei Deutschland im europäischen Vergleich führend. Damit verfügen 17 Prozent aller deutschen Haushalte über einen DSL-Zugang.

Schärferer Preiswettbewerb bei DSL-Anschlüssen

Neben der Telekom bieten nach Angaben der Behörde 60 Unternehmen breitbandige Internetanschlüsse an. Kurth sieht einen verschärften Wettbewerb auf dem zukunftsträchtigen Markt. "Der Preiswettbewerb unter den Anbietern von DSL-Anschlüssen ist im Jahr 2004 deutlich schärfer geworden", sagte er.

Kurth hielt es für denkbar, dass die Telekom in diesem Jahr eine Million TAL an ihre Konkurrenten abgeben wird. Im vergangenen Jahr hatte die Telekom 610.000 Anschlüsse weiter vermietet. Damit stieg die Zahl auf knapp zwei Millionen.

Umgekehrt bedeutet das, dass rund 95 Prozent aller von Wettbewerbern bereitgestellten Telefonanschlüsse auf einer von der Telekom angemieteten TAL basierten.

© sueddeutsche.de/dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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