Praxisgebühr:Plötzlich kerngesund?

Lesezeit: 1 min

Ein Vierteljahr nach Einführung der Praxisgebühr verzeichnen Krankenkassen und Ärzteverbände einen massiven Rückgang der Arztbesuche.

Umfragen unter Ärzten aller Fachrichtungen hätten Rückgänge von fünf bis acht Prozent für den Januar 2004 und von drei bis vier Prozent für den Februar 2004 jeweils gegenüber dem Vorjahresmonat ergeben, schätzt die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV).

Die Wartezimmer der Ärzte werden leerer. (Foto: Foto: ddp)

Der Hartmann-Bund spricht sogar von 18 bis 22 Prozent weniger Patienten, die auf Grund der Praxisgebühr von zehn Euro den Gang zum Allgemeinarzt im ersten Quartal gescheut haben. Konkrete Zahlen seien Ende April verfügbar, wenn die Ärzte mit den Krankenkassen abgerechnet hätten, so die KBV.

Die Deutsche Angestellten Krankenkasse (DAK) betrachtet den Rückgang der Patientenzahlen als erstes Anzeichen dafür, dass die Praxisgebühr ihr angepeiltes Ziel erreicht. Genaue Zahlen lägen allerdings noch nicht vor. Nach Schätzungen einzelner Arztpraxen seien die Patientenzahlen im ersten Quartal 2004 im Vergleich zum Vorjahresquartal um bis zu 15 Prozent zurückgegangen, sagte die DAK gegenüber sueddeutsche.de.

Bagatellerkrankungen

Bei Bagatellerkrankungen überlegten sich viele Versicherte, "ob ein Arztbesuch wirklich notwendig ist", sagte ein DAK-Sprecher der Berliner Zeitung. "Die Praxisgebühr ist für Menschen, die ernsthaft krank sind, kein Grund nicht zum Arzt zu gehen", erläuterte der DAK-Sprecher weiter.

Die Barmer Krankenkasse und auch die KBV gaben laut Berliner Zeitung allerdings zu bedenken, dass der Rückgang der Patientenzahlen auch mit Vorzieheffekten zu tun haben könnte.

Vor allem viele chronisch Kranke seien noch zum Ende des vergangenen Jahres hin zum Arzt gegangen, um so eine Visite im Frühjahr und die damit fällige Gebühr zu vermeiden, so die Barmer.

Nach Ansicht der KBV hat auch die allgemeine Unsicherheit über die Praxisgebühr zu einer Zurückhaltung bei Arztbesuchen geführt. "Es ist daher nicht auszuschließen, dass die Patientenzahl im zweiten Quartal wieder steigt", sagte der KBV-Sprecher der Berliner Zeitung.

Verwaltungsaufwand

Nach wie vor beklagten die Ärztevereinigungen den mit der Praxisgebühr einher gehenden Verwaltungsaufwand, schreibt die Berliner Zeitung weiter. Die KBV schätze die entstehenden Kosten bei Barzahlung auf ungefähr 32 Cent pro zehn Euro Gebühr und bei Zahlung mit EC-Karte auf 78 Cent, schreibt das Blatt.

© sueddeutsche.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: