Praktiker Baumarkt:Zweite Chance, kritische Fragen

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Rückkehrer an die Börse müssen sich kritische Fragen gefallen lassen. Das gilt auch für die Metro-Tochter Praktiker: Obwohl sich zuvor kein strategischer Investor für die Handelskette interessierte, werden die Anleger nun ordentlich zur Kasse gebeten.

Stefan Weber

Unternehmen, die einmal vom Kurszettel verschwunden sind, tauchen dort nur noch sehr selten wieder auf. Entweder, weil ihre wirtschaftliche Verfassung einen erneuten Börsengang nicht rechtfertigt. Oder weil durch den Abschied vom Kapitalmarkt so viel Vertrauen bei den Anlegern verspielt wurde, dass sich zumindest auf kurze Sicht ein neuer Anlauf verbietet.

Eine Kundin betritt in Eschborn bei Frankfurt/Main einen Praktiker Baumarkt. (Foto: Foto: dpa)

Die wenigen Firmen, die die Investoren dennoch um eine zweite Chance bitten, müssen sich besonders kritische Fragen gefallen lassen. So wie jetzt die Baumarktkette Praktiker.

Die Umstände, unter denen die Tochter der Handelsgruppe Metro an die Börse zurückkehrt, sind nicht geeignet, allzu große Euphorie aufkommen zu lassen.

Erst seit kurzem wieder Überschuss

Das beginnt mit dem Zeitpunkt. Wer an den Kapitalmarkt drängt, unterstreicht seine Börsenreife am eindrucksvollsten durch eine lange Folge solider, stetig steigender Gewinne. Praktiker dagegen erwirtschaftet erst seit kurzer Zeit wieder einen Überschuss.

Auch die Vorgeschichte des Börsengangs stimmt skeptisch. Die Metro wollte den bestmöglichen Preis für ihre Tochter erlösen. Deshalb hat sie sowohl einen Verkauf an Investoren als auch einen Schritt an den Kapitalmarkt geprüft.

Das ist legitim und allgemein üblich. Zu denken gibt jedoch, dass sich kein strategischer Investor für Praktiker interessierte und der einzige zuletzt verbliebene Finanzinvestor nicht bereit war, die geforderte Summe zu bezahlen. So sieht der Börsengang ein wenig wie eine Notlösung aus.

Kursphantasie

Vertrauen lässt sich an Finanzmärkten auch dadurch gewinnen, dass man den Verkaufspreis der Aktien moderat ansetzt und so Spielraum für Kursphantasie lässt. Praktiker dagegen bittet die Anleger ordentlich zur Kasse. Als Rechtfertigung müssen die vermeintlich guten Wachstumschancen in Osteuropa herhalten. Die mag es durchaus geben. Nur hat die Baumarktkette bisher nicht bewiesen, dass sie diese Schätze auch tatsächlich heben kann.

Noch erwirtschaftet das Unternehmen mehr als drei Viertel seines Umsatzes in Deutschland. Aber in der Heimat lässt sich mit Baumärkten kaum Geld verdienen. Das liegt vor allem an dem Überangebot an Verkaufsfläche.

Allzu forscher Drang ins Ausland birgt aber auch Risiken. Das hat vor kurzem Marktführer Obi in China erfahren und sich dort rasch wieder zurückgezogen.

Investoren werden Taten sehen wollen

Knapp drei Jahre nach der Streichung vom Kurszettel verdient die Praktiker-Gruppe an der Börse durchaus eine zweite Chance. Nur werden viele Investoren zunächst einmal Taten sehen wollen, ehe sie wieder auf die Aktie setzen.

© SZ vom 08.11.05 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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