PPP im Ausland:Hundesteuer an den Dienstleister

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Städte und Gemeinden in Großbritannien wollen spürbar Kosten senken und schreiben daher zunehmend ihre Verwaltungsbereiche aus.

Ulf Brychcy

Es ist ein Geschäft, das auf den ersten Blick überhaupt nicht zum Medienriesen Bertelsmann zu passen scheint. Der Konzern aus Gütersloh, der mit Fernsehsendern wie RTL und Popstars wie Alicia Keys oder Shakira sein Geld verdient, kümmert sich demnächst auch um den pünktlichen Einzug etwa der Hundesteuer.

Wenn Bertelsmann auf den Hund kommt - in Großbritannien schon geschehen. (Foto: Foto: dpa)

Die Bertelsmann-Tochter Arvato hat im englischen East Riding die lokale Verwaltung übernommen. Die Gemeinde mit ihren 350.000 Einwohnern, die in der Nähe von York liegt, wird wichtige kommunale Dienstleistungen ab Juli von den Deutschen erledigen lassen.

Pilotprojekt mit strategischer Bedeutung

"Das ist für uns ein Pilotprojekt mit strategischer Bedeutung", sagt Arvato-Chef Hartmut Ostrowski, der zugleich Bertelsmann-Vorstand ist. Sein Unternehmensbereich (Umsatz: rund 3,8 Milliarden Euro; 33 600 Mitarbeiter), zu dem Großdruckereien und CD-Presswerke ebenso gehören wie Call- center, legt seit Jahren überproportional im eher medienfremden Servicegeschäft zu.

Weitere Großinvestitionen zeichnen sich hier ab.

Das Engagement in England ist bereits unter Dach und Fach, die Verträge mit Stephen Parnaby, dem Bürgermeister von East Riding, wurden Anfang Februar unterzeichnet. Die Städte und Gemeinden auf der Insel wollen spürbar Kosten senken und schreiben daher zunehmend ihre Verwaltungsbereiche aus.

Private Dienstleister wie die britische Capita als Marktführer oder eben Bertelsmann können dabei helfen. Das Geschäft ist lukrativ, das Umsatzvolumen allein bei den lokalen Verwaltungen wird auf sechs Milliarden Pfund beziffert.

Erst der Einstieg

Bertelsmann betrachtet die Übernahme der Gemeindeverwaltung von East Riding und deren 500 Mitarbeiter deshalb als Einstieg. "Wir haben uns an drei weiteren Ausschreibungen beteiligt", sagt der zuständige Bertelsmann-Manager Matthias Mierisch. Das Aufgabenprofil ähnelt sich weitgehend.

In East Riding übernimmt Arvato das Kassieren lokaler Abgaben wie die Hunde- oder Grundsteuer, unterhält das Bürgerbüro und ist ebenso zuständig für die Gehaltsabrechnungen der kommunalen Bediensteten wie für die gesamte Informationstechnologie. Der Dienstleistungsvertrag gilt zunächst für acht Jahre, das gesamte Umsatzvolumen beziffert Mierisch auf mehr als 200 Millionen Euro.

Das Public Private Partnership zwischen den Engländern und den Deutschen ist auf Expansion ausgelegt. Bertelsmann hat sich verpflichtet, innerhalb von vier Jahren 600 neue Jobs in der Region East Riding zu schaffen. Von dort aus, so plant es der Konzern, sollen weitere englische Kommunen mit Verwaltungsdienstleistungen bedient werden.

© SZ vom 16.2.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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