Postdienstleister:Besser beschweren

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Die Postnovelle von Wirtschaftsminister Altmaier nimmt Formen an. Ein Schwerpunkt: mehr Verbraucherschutz.

Von Henrike Roßbach, Berlin

"Die Versorgung mit Paketdienstleistungen in Bayern sicherstellen": In München waren Paketenboten der Post auch am Sonntag tätig. (Foto: Jan Woitas/dpa)

Verspätete Briefe, beschädigte Pakete, verschwundene Päckchen: Postkunde haben immer wieder Grund, sich zu ärgern. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) will nun dafür sorgen, dass ihre Beschwerden besser gehört und bearbeitet werden. Anfang 2020 will er seinen Referentenentwurf für eine Reform des gut 20 Jahre alten Postgesetzes vorlegen. Die Eckpunkte dafür hatte Altmaier schon im Sommer erarbeitet, nun ist er offenbar auf der Zielgeraden. Ein zentrales Element der Novelle: der Verbraucherschutz. Steigende Beschwerdezahlen zeigten den Handlungsbedarf, so das Ministerium.

Im Zentrum soll die Bundesnetzagentur stehen, die hierzulande die Märkte für Energie, Telekommunikation, Bahn und Post reguliert. Sie soll eine starke Rolle als Verbraucherschutzbehörde im Postbereich bekommen und unter anderem Vorgaben machen können, wie die Beschwerdeverfahren der Postdienstleister auszusehen haben. Ziel seien "effektivere und kundenfreundlichere Beschwerdeverfahren"; möglichst viele Beschwerden sollten künftig unmittelbar zwischen Kunden und Dienstleistern geklärt werden. Zudem sollen die Empfänger von Postsendungen ein eigenes Recht bekommen, Nachverfolgungsanträge zu stellen. Verstößt ein Postdienst gegen Qualitätsvorgaben, sollen Bußgelder verhängt werden können. Letzteres hatte vor Kurzem auch die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt gefordert.

Schon jetzt ist die Netzagentur Anlaufstelle für verärgerte Postkunden - jenseits der Servicehotlines der Dienstleister selbst. Die Zahl der Beschwerden, die beim sogenannten Verbraucherservice Post der Netzagentur landen, ist zuletzt stark gestiegen. Anfang Dezember hatte die Behörde gemeldet, dass 2018 insgesamt 12 615 Beschwerden eingegangen seien. Ein Jahr zuvor waren es mit 6100 nicht einmal halb so viele gewesen. Dieses Jahr wiederum lag die Zahl der Beschwerden schon Ende September mit 12 950 über der des Vorjahres. Am häufigsten ging es dabei in beiden Jahren um Briefe, gefolgt von Paketen.

Zusätzlich gibt es noch die Schlichtungsstelle der Bundesnetzagentur; 1092 Anträge gingen 2018 dort ein, 91 mehr als ein Jahr zuvor. Die Stelle bemüht sich um außergerichtliche Einigungen zwischen Kunde und Anbieter; viele Postdienste aber verweigern sich bisher einer Schlichtung - allen voran die Deutsche Post. Altmaier will die Schlichtungsverfahren nun verbindlich machen, wenn Verbrauchern ein materieller Schaden entstanden ist.

Die Deutsche Post AG wehrt sich gegen den Eindruck einer Beschwerdeflut. 2018 habe ihr Sendungsvolumen bei mehr als 19 Milliarden Paketen und Briefen gelegen, teilte ein Sprecher des Bonner Konzerns mit, bei der Netzagentur seien im gleichen Zeitraum 11 400 Beschwerden über die Deutsche Post eingegangen. Statistisch sei das eine Beschwerde je 1,7 Millionen beförderter Sendungen. Der Sprecher verwies auch darauf, dass die Zahlen in anderen Branchen, die von der Netzagentur reguliert werden, höher seien, etwa in der Telekommunikationsbranche. Den Anstieg der Post-Reklamationen erklärte er auch mit "der Anzahl der Presseberichte, in denen die Bundesnetzagentur als Anlaufstelle für Beschwerden geradezu beworben wird". Die Zahlen der Behörde passten jedenfalls nicht zu den in den letzten Monaten direkt bei der Deutschen Post eingegangenen Beschwerden, "denn diese sind rückläufig". Zudem sei die Deutsche Post immer bereit, "jeder Beschwerde einzeln nachzugehen". Ihre eigenen Beschwerdezahlen allerdings veröffentlicht die Post nicht.

Neben einem besseren Verbraucherschutz will Altmaier mit seiner Novelle auch die heikle Frage klären, ob die Postzustellung an sechs Tagen in der Woche gesetzlich vorgeschrieben bleibt, oder ob fünf Tage für die Grundversorgung ausreichen. Die Deutsche Post etwa beziffert das Sendungsvolumen an Montagen auf nur zwei Prozent der gesamten wöchentlichen Sendungsmenge. Die Untersuchung dazu sei noch nicht abgeschlossen, hieß es am Sonntag vom Ministerium.

Ebenfalls im Gespräch ist, die Zulassung für Brief- und Paketdienstleister zu vereinheitlichen. Derzeit unterliegen erstere einer Lizenzpflicht, ihre Lizenz kann ihnen also auch wieder entzogen werden, letztere nur einer Anzeigepflicht. Weil das Lizenzierungsverfahren sehr bürokratisch und aufwendig sei, habe man angeregt, so das Ministerium, "Lizenz- und Anzeigepflicht zu einer einheitlichen Meldepflicht für alle Dienstleister zu vereinheitlichen". Im gleichen Zuge sollen dann aber "wirksame Sanktionen" gegen alle Anbietern eingeführt werden - bis zum Verbot, Postdienstleistungen erbringen zu dürfen.

© SZ vom 30.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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