Postbank-Kommentar:Eine Frage des Preises

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Madrid hin oder her — letztlich ist Siltronic am zu hohen Preis gescheitert. Der Postbank darf das nicht passieren. Oder es droht eine neue Eiszeit am Kapitalmarkt.

Von Simone Boehringer

In schlechten Zeiten werden Verbraucher kritischer und Verkäufer haben es schwer. Das gilt im Schuhladen wie an der Börse. Wer sein Produkt erfolgreich vermarkten will, muss Qualität zu einem guten Preis bieten und das richtige Timing haben.

Siltronic war zu teuer

Der Halbleiterhersteller X-Fab ist schon am Qualitätsanspruch der Anleger gescheitert und musste seinen Börsengang vergangene Woche absagen. Der Firma Siltronic, Zulieferer in der gleichen Industrie, haben Experten mehr zugetraut. Dennoch ist diese Aktienemission nun ebenfalls geplatzt. Die Preisspanne sei nicht durchsetzbar, hieß es zur Begründung. Tatsächlich ist Siltronics Kalkulation von den Kursabschlägen der vergangenen Wochen, auch infolge der Terroranschläge in Madrid, durchkreuzt worden.

Fakt ist aber auch: Die potenziellen Käufer der Aktie, darunter Investmentfonds, fanden das Papier von vornherein relativ teuer. Siltronic macht damit eine ähnliche Erfahrung wie die HypoVereinsbank: Sie konnte die Ausgabe junger Aktien im Rahmen einer Kapitalerhöhung nur zu einem vorher festgesetzten Mindestpreis durchsetzen und muss trotzdem nach der Absage einiger Altaktionäre um neue Investoren buhlen.

Von der Postbank hängt vieles ab

Die Zukunft des Emissionsmarktes in Deutschland hängt nun von der Postbank ab. Die jetzt vorgelegten guten Zahlen sind ein wesentlicher Schritt auf dem Weg zum wohl wichtigsten Börsengang seit der Deutschen Telekom 1996. Die Post-Tochter hat im Vergleich zu anderen Börsenkandidaten viele Vorteile, die in der Summe aber auch zum Nachteil werden können: Die Anleger kennen das Unternehmen, das Geschäftsmodell ist bewährt, wirft Gewinn ab und ist weniger konjunktursensibel als das der meisten Technologiefirmen.

Die Aktie ist somit für institutionelle wie für Privatanleger geeignet. Aber: Weil dem so ist, ist die Erwartung hoch. Nach den jüngsten schlechten Erfahrungen müssen die Vorbereitungen zum Postbank-Börsengang am 21. Juni perfekt laufen - bis hin zur Preisgestaltung.

Eisbrecher oder neue Eiszeit

Post-Chef Zumwinkel hatte den Wert der Postbank Anfang des Jahres auf sechs Milliarden Euro beziffert. Analysten sehen den fairen Preis bei drei bis vier Milliarden Euro. Im Interesse des Marktes liegt ein Preis am unteren Ende der Erwartungen.

Denn bricht die Postbank das Eis, und dazu gehört auch eine kontinuierliche Wertsteigerung der Aktie nach der Emission, haben auch weniger prominente Firmen wieder die Chance, am hiesigen Kapitalmarkt Geld einzusammeln. Klappt es nicht, wird die Geldquelle länger verstopft bleiben und damit werden bei vielen Unternehmen wichtige Innovationen verzögert.

© SZ vom 25.3.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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