Post:Kampf ums Paket

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Warum der Wettbewerb auf dem Postmarkt weniger scharf ist und vorwiegend auf dem Rücken und auf Kosten der Boten ausgetragen wird.

Von Benedikt Müller, Düsseldorf

Vor zwei Jahrzehnten löste Deutschland sein Bundespostministerium auf. Seitdem liefern sich Telefonanbieter einen scharfen Wettbewerb. "Hingegen erfolgte die Liberalisierung des Postmarktes ungleich viel zögerlicher", schreibt Justus Haucap, Wettbewerbsexperte der Universität Düsseldorf, in einer Festschrift zum 20-jährigen Bestehen der Bundesnetzagentur. Erst vor zehn Jahren ist das Brief-Monopol der Deutschen Post vollständig gefallen. Doch habe sich seitdem kaum Wettbewerb entwickelt, moniert Haucap.

So entfallen etwa 80 Prozent des Brief-Umsatzes hierzulande auf die Deutsche Post, meldet die Netzagentur. Während die Preise für Telefonie nach der Liberalisierung einbrachen, hat die Post ihr Porto mehrmals erhöht: Ein Standardbrief kostet heute 70 Cent statt 55 Cent wie im Jahr 2011. Freilich verursacht jede Zustellung auch viel höhere Kosten als etwa ein Anruf: Die Post muss die Briefe einsammeln, sortieren und austragen - gerade Letzteres ist Handarbeit. Dahinter steckt ein bundesweites Netz aus Briefkästen und -zentren, aus Lkws, Transportern und Fahrrädern.

Mithin können kleine Anbieter nicht günstig in den Markt eintreten. Konkurrenten wie Postcon sind heute vor allem regional bedeutend - und als sogenannter Konsolidierer: Wenn die Wettbewerber Briefe mehrerer Firmen sammeln und in die Zentren der Deutschen Post liefern, gewährt der Marktführer einen Rabatt. Geben die Wettbewerber diesen teilweise weiter, können sie mit einem niedrigeren Porto Kunden gewinnen und eine Marge abschöpfen.

Haucap führt die schwache Konkurrenz auf dem Briefmarkt auch auf politische Entscheidungen zurück. So duldete der Staat von 1998 bis 2008 nur Konkurrenten, die "höherwertige Dienstleistungen" anboten. Etwa mussten sie Briefe beim Absender abholen oder am selben Tag zustellen. "Mit höherwertigen Leistungen gingen jedoch grundsätzlich auch höhere Kosten einher", so der Ökonom. Über den Preis konnten neue Anbieter dem alten Monopolisten also kaum Konkurrenz machen.

Und kurz bevor das Monopol vor zehn Jahren komplett gefallen ist, erklärte das Bundesarbeitsministerium einen Mindestlohn von damals ungewöhnlich hohen 9,80 Euro pro Stunde für verbindlich in der ganzen Branche. Daraufhin begruben beispielsweise Hermes und TNT ihren Plan, gemeinsam in das Geschäft einzusteigen.

Reger Wettbewerb herrscht hingegen auf dem Markt für Päckchen und Pakete, der dank des Onlinehandels stark wächst. Neben der Post-Tochter DHL können Absender aus vier großen Anbietern wählen. "Der Wettbewerb hat die Preise auf dem Paketdienste-Markt relativ konstant gehalten", resümiert Haucap. So unterbietet etwa Hermes den Marktführer beim Preis. Auch Anbieter GLS hat seinen Päckchenpreis gesenkt; Konkurrent DPD experimentiert indes mit der Nachverfolgung und kurzfristigen Umlenkung von Päckchen an den Wunschort der Empfänger.

Gewerkschafter kritisieren jedoch, dass die Konkurrenz oft zulasten der Paketboten gehe. "Leider wird der Wettbewerb auf dem Paketmarkt nicht über Innovation ausgetragen", sagt Thomas Koczelnik, Konzernbetriebsratschef der Deutschen Post, "sondern hauptsächlich über den Preis - und damit über die Löhne der Beschäftigten." Viele Dienste setzten Subunternehmer ein. Solange die Arbeitsbedingungen nicht bei allen Paketdiensten ähnlich gut seien, kann der Arbeitnehmer-Vertreter dem Wettbewerb nicht viel abgewinnen: "Wo früher ein Paketbote hingefahren ist, fahren heute bis zu fünf verschiedene Dienste hin", sagt Koczelnik. "Das ist weder gut für die Umwelt noch zum Vorteil für die Verbraucher."

© SZ vom 10.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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