Portrait:Lebenslang Logistik

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"Wachsen oder weichen", befiehlt Detthold Aden. Er ist Chef des Hafenunternehmens BLG - nebenbei Europas größte Autowerkstatt.

Wer den Hafenmanager Detthold Aden fragt, was genau denn eigentlich unter Logistik zu verstehen sei, der bekommt garantiert eine launige Antwort wie diese:

Auf dem Autoterminal der BLG Logistics Group in Bremerhaven werden BMW-Neufahrzeuge auf ein Hochregallager gefahren und zur Verschiffung in die USA bereitgestellt. (Foto: Foto: dpa)

"Logistik ist, dass die Banane rechtzeitig in der richtigen Farbe im richtigen Regal liegt."

Doch der Chef der BLG Logistics Group, der außerdem Präsident des Zentralverbandes Deutscher Seehafenbetriebe (ZDS) ist, hat auch eine gesetzte Antwort parat. Logistik sei zum Beispiel eine Jobmaschine: Bis zum Jahr 2012 würden die deutschen Häfen 2500 Langzeit-Arbeitslose einstellen, sagt Aden.

Bund und Länder stecken in den nächsten Jahren fast zehn Milliarden Euro in den Ausbau der Häfen und der dazu gehörenden Infrastruktur. "Das ist ein Konjunkturprogramm für Norddeutschland", sagt der gebürtige Wilhelmshavener.

Seit 1999 ist Aden Chef von BLG, der früheren Bremer Lagerhausgesellschaft, die zur Hälfte dem Land Bremen gehört. Er besteht darauf, dass er bei seiner Berufung "kein verdienter Senator und auch kein Hafenmensch" gewesen sei.

Allerdings war der 58 Jahre alte Aden schon immer von Logistik fasziniert; auch zu Zeiten, als sie noch nicht so genannt wurde. Als Sohn eines Spediteurs trieb Aden sich als Junge in Wilhelmshaven nachmittags am liebsten in Lagern herum oder fuhr mit den Lastwagen mit zur Auslieferung der Waren.

90 Mark für einen alten Lloyd

Mit 18 Jahren kaufte er sich für 90 Mark einen alten Lloyd, eines der Autos der Wirtschaftswunderzeit, und verdiente Taschengeld, indem er selbst Stückgut ausfuhr. Dass er es nach zwei Jahren für 120 Mark weiterverkaufte, mag ein Indiz für einen früh entwickelten Geschäftssinn sein.

Als gelernter Speditionskaufmann arbeitete Aden lange in Süddeutschland und spezialisierte sich auf EDV-Umstellungen, damals noch eine Pionierarbeit. Mitte der siebziger Jahre baut er zusammen mit einem Amerikaner den Paketdienst UPS in Deutschland auf, 1982 wurde er Leiter der Bertelsmann Distribution.

1990 ging er zum Thyssen-Konzern und war dort zuletzt Vorstandsmitglied der Thyssen Handelsunion. Ein Posten zum Ausruhen wäre wohl nichts für den lebhaften Manager, den andere als begeisterungsfähig, ungewöhnlich schnell und auch ein wenig schlitzohrig beschreiben.

Als Aden seinen Dienst bei BLG antrat, hatte das 1877 gegründete bremische Unternehmen gerade eine schwere Krise überstanden. Die Belegschaft war von 4500 auf 2500 reduziert worden; die BLG suchte für eine stabilere Zukunft den Zusammenschluss mit der Konkurrenz.

Gewinne mit Containerumschlag, Umsatz mit Autologistik

Daraus ist das Joint Venture Eurogate entstanden, in das BLG und das private Hamburger Hafenunternehmen Eurokai ihre Container-Aktivitäten eingebracht haben.

In Hamburg konkurriert Eurogate noch mit der anderen großen dort tätigen Hafengesellschaft HHLA, europaweit ist die Firma Marktführer mit Terminals in Bremerhaven, Hamburg und Italien.

Sie hat auch den Zuschlag für den Betrieb des Tiefwasserhafens Jade-Weser-Port in Adens Geburtsstadt Wilhelmshaven bekommen, der 2010 in Betrieb gehen soll.

"Wachsen oder weichen" kommentiert Aden den Wettbewerb der Häfen in Hamburg, Bremerhaven, Rotterdam und Antwerpen.

Der Containerumschlag ist heute zwar der renditestärkste Bereich von BLG, aber längst nicht mehr der umsatzstärkste. Das Unternehmen macht immer mehr Geschäft mit Autologistik. So betreibt BLG in Bremerhaven ein Autoterminal.

Importierte Autos aus Asien oder Amerika werden dort "landfein" gemacht, deutsche Autos für den Export präpariert.

Dort wird nicht nur verladen, sondern auch lackiert, umgerüstet und aufgearbeitet. "In Bremerhaven", sagt Aden, "betreiben wir die größte Autowerkstatt Europas."

Superlativ dank Tchibo

Die Automobilindustrie gehört ohnehin zu den besten Kunden von BLG, denn längst beschränkt das Hafenunternehmen sich nicht mehr auf Arbeiten an der Kaimauer. So hat BLG gerade die innere Werkslogistik für VW im brasilianischen Werk Resende übernommen; gleiches macht die Firma schon länger für Fiat im italienischen Atessa.

"Vertiefte Wertschöpfung" nennt Aden das, was ein modernes Hafenunternehmen heute für seine Kunden zu leisten habe. Und oftmals kämen die Ideen für Optimierungen oder Effizienz-Verbesserungen dabei vom Dienstleister selbst:

So hat Aden zum Beispiel vor einigen Jahren Tchibo vorgeschlagen, seine Lager zu zentralisieren. Daraus ist ein weiterer Superlativ für das Bremer Unternehmen entstanden: An der Weser betreibt BLG für Tchibo das größte Hochregallager Europas mit 500 Beschäftigten.

Fragen nach privaten Vorlieben irritieren den umtriebigen Aden eher. Er reist leidenschaftlich gern in ferne Länder und redet gern und viel mit Menschen. Da passen Beruf und Privatleben des Hafen-Managers natürlich gut zueinander.

Immer wieder wurde der Containerhafen von Bremerhaven entlang der Weser abwärts Richtung Nordsee verlängert. Inzwischen werden auf dem von BLG-Chef Detthold Aden verwalteten Gelände 2,9 Millionen Container pro Jahr umgeschlagen. Insgesamt hat die Gruppe im vergangenen Jahr 810 Millionen Euro umgesetzt. Foto: D. Pilar/Visum

© SZ vom 09.02.07 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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