Portrait:Ein Mann zeigt Kante

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Der Jurist Jürgen Kühnen leitet den Kartellsenat am Oberlandesgericht Düsseldorf und ist damit für alle Klagen gegen Entscheidungen des Kartellamts zuständig. (Foto: oh)

Axel Springer, Edeka und nun also noch der Wirtschaftsminister: Als Richter für Kartellfälle in Düsseldorf muss Jürgen Kühnen anecken - und zwar immer mal bei einem anderen.

Von Varinia Bernau

Dass viele große Kartellfälle bei Jürgen Kühnen landen, liegt daran, dass sein Schreibtisch in Düsseldorf steht. Das dortige Oberlandesgericht ist für all das zuständig, was vom Bundeskartellamt - mit Sitz in Bonn und somit im selben Bundesland - entschieden und von einem der betroffenen Unternehmen angefochten wird. Kühnen, der den Kartellsenat seit neun Jahren leitet und dort von drei weiteren Richtern unterstützt wird, hat also gut zu tun. Es liegt in der Natur der Sache, dass seine Entscheidungen nicht jedem gefallen - auch nicht Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel.

Er sei ein brillanter Jurist, der seine Auffassungen auch durchzusetzen weiß und pointiert formuliere, sagt einer, der ihn aus dem Gerichtssaal kennt. Auch in dem Verfahren zu der umstrittenen Fusion der Supermarktketten Edeka und Kaiser's Tengelmann, die Kühnen, 56, nun gestoppt hat, fand er deutliche Worte.

Dafür, dass er dabei auch Politiker in die Schranken gewiesen hat, die gerne auf den Erhalt von Arbeitsplätzen drängen, wenn ihnen sonst nichts mehr einfällt, zollen ihm erfahrene Kartellrechtler Respekt. Kühnen hat in diesem Fall nämlich darauf hingewiesen, dass die Stärkung der Arbeitnehmerrechte bei Edeka, die Gabriel zur Bedingung gemacht hat, um die Übernahme von Kaiser's Tengelmann zu genehmigen, kein Gemeinwohl ist und deshalb nicht über den Bedenken der Wettbewerbshüter steht. Kühnens Überlegung: So bitter das für die Kassiererin sein mag, die nun womöglich ihren Job verliert. Der wiegt nicht mehr als der eines Zulieferers, der im Falle einer Fusion einem großen Händler gegenübersteht und niedrigere Preise akzeptieren muss.

Wenn er in seinem Büro hinter einer Jugendstilfassade Akten wälzt, kommt Kühnen mit diversen Branchen in Berührung: von Versicherungskonzernen bis zu Herstellern von Hörgeräten. Auch die Frage, ob die Axel Springer AG den Fernsehkonzern Pro Sieben Sat 1 übernehmen darf, hat Kühnen vor acht Jahren entschieden: Springer durfte nicht.

Die, die mit ihm arbeiten, glauben, nicht, dass Kühnen den Minister brüskieren wollte, womöglich der eigenen Eitelkeit wegen. Er schlage sich nicht auf eine Sache, betont ein Anwalt. Erst im November entschied Kühnen gegen das Bundeskartellamt und für Edeka: Damals erklärte er die Rabatte, die der Händler bei Lieferanten forderte, nachdem er den Discounter Plus im Jahr 2008, übrigens auch von Tengelmann, übernommen hatte, als rechtens.

© SZ vom 14.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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