Porträt:Vom Kleinhändler zum Tycoon

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Als Ramchand Bhavnani 1965 auf Teneriffa eintraf, hatte er anfangs nur ein Ziel vor Augen: Möglichst viele Teppiche, Regenschirme, Handtücher und Tischdecken zu verkaufen. Heute mischt der Inder Spaniens Bankenwelt auf.

Der heute 59-jährige Inder war vom Vater seiner Verlobten auf die Kanaren Insel geschickt worden, um dessen dahinsiechenden Basar "Casa Kishoo" in der Hauptstadt Santa Cruz auf Vordermann zu bringen. Bhavnani sprach zwar kein Wort Spanisch und hatte kaum Geld in der Tasche. Er machte seinen Job aber gut und durfte später seine Angebetete ehelichen.

Guter Riecher

Zwischen Bergen von Teppichen, Regenschirmen, Handtüchern und Tischdecken sitzt der versierte Kaufmann Bhavnani noch heute in seinem Basar. Arm ist er aber nicht mehr.

Denn im Laufe der Jahrzehnte hat er sich peu à peu nahezu unbemerkt bei den größten Banken Spaniens eingekauft - mit deren eigenen Krediten erwarb er Aktien, die er dank seines guten Riechers mit riesigem Profit wieder verkaufte.

Nun macht der gläubige Hindu Schlagzeilen, weil er mit einem Anteil von fast sieben Prozent zum zweitgrößten Aktionär von Bankinter, dem fünftgrößten privaten Geldinstitut Spaniens, aufgestiegen ist.

Nicht auf der Ware einschlafen

"Billig kaufen und nicht auf der Ware einschlafen", lautet das Credo, das Bhavnani seit jeher beherzigt und das ihn mit einem geschätzten Vermögen von 250 Millionen Euro zum reichsten Einwanderer des Landes gemacht hat.

"Dass ich es soweit bringen würde, hätte ich nie gedacht. Aber ich hatte Glück, denn die Banken haben mir mit ihren Krediten immer vertraut".

Angefangen hat alles 1983. Mit dem Ersparten aus 20 Jahren und mit geliehenem Geld erstand er für 240 000 Euro Aktien der Banco Popular, der Bank, von der er seinen ersten Kredit erhalten hatte. "Es war das Jahr, wo ich zum Vegetarier wurde", erinnert er sich. Die Anlage hat sich gelohnt, bald waren die Aktien doppelt so viel Wert.

Den Analysten soll man nicht trauen

Beim Börsencrash 1987 verlor Bhavnani auf einen Schlag 600 000 Euro. Doch anstatt aufzugeben, kaufte er - zu Schleuderpreisen - weiter. "Eines habe ich gelernt: Den Prognosen von Analysten sollte man nicht trauen", sagt der gewiefte Geschäftsmann mit der hohen Stirn und der dicken Brille.

So schaffte er es auch, mit 10,4 Prozent zum zweitgrößten Aktionär der Banco Zaragozano zu werden, in dessen Vorstand er zeitweise saß.

Der Verkauf seines Anteils brachte ihm einen Gewinn von 70 Millionen Euro ein. Weitere 60 Millionen verdiente er mit seinen 0,9 Prozent beim Marktführer Santander Central Hispano (SCH) - prompt stellte die Bank damals seine Tochter ein. Wie ihre drei Geschwister hat sie in London studiert.

Er sieht sich nicht als Spekulant

Bhavnani selbst war in Puna auf eine von Schweizern geleitete Jesuiten Schule gegangen. Mit den Erträgen hat der aus Hyderabad im heutigen Pakistan stammende Kaufmann expandiert: Inzwischen besitzt seine Familie auf den Kanaren zehn Hotels und mehrere Läden. Als Spekulant sieht er sich nicht. "Bei Bankinter will ich bleiben und in den Vorstand aufgenommen werden."

Von seiner Bescheidenheit hat Bhavnani trotz des Reichtums kaum etwas verloren. "Meine Kinder sagen mir, ich solle mir eine Limousine mit Chauffeur anschaffen. Doch ich will so leben wie bisher." Mittelpunkt des Imperiums bleibt deshalb auch der eher unscheinbare Basar auf Teneriffa.

Dort, zwischen Bergen von Teppichen, Regenschirmen, Handtüchern und Tischdecken, fällt nur ein Computer-Bildschirm auf, der ständig die aktuellen Börsenkurse ausspuckt.

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