Porsche:Die Festung in der Idylle

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Weltweit genießt es einen geradezu sagenhaften Ruf: Das streng von der Außenwelt abgeschirmte Porsche-Entwicklungszentrum in Weissach hat schon für so ziemlich jeden Automobil-Hersteller gearbeitet. Doch für wen und was ist Betriebsgeheimnis.

Das Porsche-Entwicklungszentrum im schwäbischen Weissach ist weltbekannt für sein automobiles Know-How — bleibt aber auch geheimnisumwittert. Denn Porsche lehnt es kategorisch ab, Namen von Kunden zu nennen, die dort Motoren, Getriebe, Karosserien oder gleich ganze Autos entwickeln lassen. "Es gibt wohl keine Marke, bei der Porsche und Weissach nicht irgendwie beteiligt waren", sagt Entwicklungsvorstand Wolfgang Dürheimer.

1600 Ingenieure

Mehr als 2500 Mitarbeiter, 1600 davon Ingenieure, arbeiten heute in dem 1972 eröffneten Technologiezentrum in einer idyllischen Landschaft zwischen Stuttgart und Pforzheim. Den Umsatz in Weissach beziffert Dürheimer auf eine dreistellige Millionensumme. Im Schnitt arbeiten ein Drittel der Entwickler an Aufträgen von außerhalb.

Die Weissacher Ideenschmiede entwickelt aber nicht nur Automobiles. In Weissach arbeiteten die Ingenieure schon am Cockpit für einen Airbus, brachten Rennrodelschlitten ein schnelleres Kufendesign bei und stimmten die Fahrdynamik des deutschen Bahnradvierers ab.

Selbst Traktor- und Gabelstabler-Hersteller vertrauen auf die Kompetenz in Weissach. "Das belebt die Kreativität unserer Ingenieure", ist sich Porsche Entwicklungschef Dürheimer sicher, wenn er von Kundenaufträgen außerhalb der Autobranche spricht.

Weissach — Festung in der Idylle

"Weissach ist eine kleine Festung", sagt Dürheimer, um dann doch ein ganz klein wenig Einblick zu geben. Namen nennt er freilich nicht.

Wenn Harley Davidson selbst bekannt gibt, dass ein neuer Motor für eine spritzige Maschine aus Weissach stammt, "dann tut dies Porsche und Harley gut", sagt ein Kenner der Szene. Die Kunden aus aller Welt vertrauen aber weiterhin auf das Porsche-Versprechen: "Geheimhaltung ist von Anfang an garantiert".

Bekannt ist, dass auf dem 670.000 Quadratmeter großen Gelände mit rund 200 Prüfständen in einem Radius von 300 Meter die Test-Technik angesiedelt ist. Das reicht vom Windkanal über Crash-Schlitten bis hin zur Klimakammern und Einrichtungen zur Motordauerbelastung bei allen Temperaturen.

An die Wand geknallt

Bekannt ist auch die 2,8 Kilomter lange Rundstrecke, auf der alle Sportwagen von Porsche auf Herz und Nieren getestet werden. Dort wird 365 Tage im Jahr gefahren.

Und zwischendurch tauchen dort immer wieder Fremdfabrikate auf, aber derart getarnt, dass keiner so schnell erkennt, aus welchem Haus der Wagen stammt. 180 Prototypen knallt Porsche pro Jahr absichtlich bei Crash-Tests in Weissach gegen die Wand.

Immer wieder tauchen am Zaun zur Testrecke "Erlkönig-Jäger" mit Spezialobjektiven auf. Nicht wenige hoffen, dort einen ersten Sportwagen mit vier Türen zu ergattern. Doch zur vierten Baureihe aus dem Hause Porsche sagt Dürheimer nur knapp: "Die Entscheidung, wie der Wagen aussieht und wann er auf den Markt kommt, ist noch nicht gefallen".

Wer genau hinschaute, sah vor wenigen Tagen die russische Staatsflagge für wenige Stunden vor den Toren Weissachs wehen. Ein untrügliches Zeichen, dass eine hohe Delegation von dort im Haus war.

Also ließ sich der Forschungschef zumindest die Bestätigung entlocken, dass für Russland ein Auto entwickelt werde. Rund 50 Prozent der Kundenaufträge stammen derzeit aus dem Ausland. Der asiatische Raum ist dabei "sehr stark" vertreten, meint Dürheimer.

Im Fokus: Leistung und Spritverbrauch

Die Kernkompetenz und die meiste Zeit der Entwickler richtet Porsche in Weissach allerdings auf die eigenen Produkte. Dabei geht es nicht nur um Geschwindigkeit, sondern vor allem "um höchste Leistung bei niedrigem Spritverbrauch".

Für Porsche kommen dazu aber nur Triebwerke mit hohen Drehzahlen in Frage. "In Richtung Diesel gehen wir nicht", sagt der Porsche-Entwicklungschef.

Allen Porsche-Sportwagen seit 1972 sei in Weissach "die Seele eingehaucht" worden, wie ein Porsche-Entwickler der ersten Stunde etwas pathetisch feststellt. "Ohne die Abgeschiedenheit Weissachs vom hektischen Trubel wäre den Porsche-Entwicklern vielleicht nicht all das eingefallen, was die Porsche-Faszination ausmacht."

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