Plastiktonnen:Blaues Wunder

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Wo sie stehen, lauert Gefahr: In blauen Kunststofffässern lagern etwa Säuren, Öle und Lacke. Die Firma Mauser aus Brühl bei Köln fertigt die Bottiche seit Jahrzehnten. (Foto: PR)

Viele Chemikalien lagern in Plastiktonnen. Manchmal stecken auch gefährlichere Dinge darin. Der bekannteste Hersteller dieser Behälter aus Brühl wird nun verkauft.

Von Benedikt Müller, München

Wenn es richtig schmutzig und gefährlich wird, dann schlägt die Stunde der blauen Plastikfässer. In den runden Bottichen verkauft der Chemikalienhändler seine Produkte, lagert die Druckerei ihre Farben; ausgelaufenes Öl wird in den Tonnen gesammelt. Und wer sich zu viele blaue Plastikfässer in den Vorgarten liefern lässt, der macht sich fast schon verdächtig in diesen Tagen. Denn, ja, auch Sprengstoff kann zuweilen in den besagten Tonnen lagern.

Hinter diesen blauen Plastikfässern, die in der ganzen Welt bekannt sind, steckt ein Unternehmen, das seine Wurzeln im deutschen Mittelstand hat: die Firma Mauser, gegründet 1896 im badischen Schramberg, die ihre Produktion alsbald in den Kölner Raum verlegte. Nun wurde der Weltmarktführer bei Industrieverpackungen verkauft, an den Finanzinvestor Stone Canyon Industries (SCI) aus Kalifornien. Mehr als zwei Milliarden Euro haben die US-Amerikaner für Mauser bezahlt.

Die Farbe ist immer dieselbe: Enzian, Nummer 5010 im Normenkatalog

Das Unternehmen aus dem Rheinland war zur Stelle, als in Deutschland Ende des 19. Jahrhunderts die Produktion von Chemikalien, Farben und Dünger boomte. Damals stellte Mauser Stahlfässer und Glasbehälter her, in denen gefährliche Flüssigkeiten lagern konnten. Schon die ersten Blech-Bottiche waren rund, damit der Inhalt nicht an den Ecken hängen bleiben kann, und die Tonnen leicht zu reinigen sind. Zudem kann der Deckel runder Fässer nicht ohne Weiteres ins Innere fallen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg begann die Firma früh, Kunststoffe zu verarbeiten. Seitdem exportiert Mauser seine Plastikfässer in die ganze Welt. Vor allem Chemiefirmen, Farbwerke, Düngerfabriken und die Lebensmittelindustrie verpacken ihre Produkte in den Tonnen, die in Größen von 20 bis 250 Litern hergestellt werden.

Nur eines ist immer gleich: die Farbe Blau, genauer gesagt Enzian, Nummer 5010 im Katalog der normierten Farben. Mauser hat das Blau als weltweiten Standard für Plastikfässer etabliert. Selbst Konkurrenten berichten, die Bottiche seien immer schon blau, weil Mauser sie damals blau lackiert habe. Einzig die Kölner Firma Greif hat sich vor gut einem Jahr die Freiheit genommen, Plastikfässer auch mal in Weiß, Grün oder Gelb zu fertigen, wahlweise mit andersfarbigem Deckel.

Auch Mauser hat sich weiterentwickelt zu einem internationalen Konzern, der mittlerweile in den Niederlanden registriert ist. Neben Stahl- und Plastikfässern stellt die Firma Gitterkörbe und Verpackungsmaschinen her. Seit 2004 recycelt Mauser auch gebrauchte Behälter. Das Unternehmen erwirtschaftete im vergangenen Jahr mit seinen 4500 Beschäftigten gut 1,4 Milliarden Euro Umsatz. Mauser macht zwar operativen Gewinn, ächzt aber unter den Schulden, die mehrere Finanzinvestoren der Firma aufgehalst haben.

Mit dem Verkauf an die Beteiligungsgesellschaft Stone Canyon Industries ist ein Börsengang der Firma Mauser nun vom Tisch. Wäre der Fass-Hersteller an die Börse gegangen, hätten sich Anleger wenigstens die Bottich-Firma ins Depot legen können, wenn deren Produkte schon zu anrüchig für den heimischen Vorgarten sind. Da bleibt einzig der Trost, dass die blauen Plastikfässer nach ihrer brisanten Erstverwendung auch als vorzügliche Regentonne dienen können. Ganz harmlos, im Vorgarten.

© SZ vom 10.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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