Pilotabschluss:Einigung im Metall-Tarifstreit

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Nach 16 Stunden Marathonsitzung haben sich IG Metall und Arbeitgeber auf einen neuen Tarifvertrag geeinigt. Damit ist der angedrohte Streik in der Metall- und Elektroindustrie abgewendet. Das Verhandlungsergebnis aus Baden-Württemberg soll bundesweit übernommen werden.

Der neue Tarifvertrag mit 26 Monaten Laufzeit sieht eine Erhöhung der Löhne und Gehälter ab 1. März um 2,2 Prozent und ab 1. März 2005 um 2,7 Prozent vor. Der Vertrag läuft bis zum 28. Februar 2006. Zugleich wurden Öffnungsklauseln für längere Arbeitszeiten auch ohne Lohnausgleich vereinbart.

Sowohl die IG Metall wie auch der Arbeitgeber-Dachverband Gesamtmetall empfahlen ihren regionalen Verbänden die Übernahme des Vertrages als Pilotabschluss. Beide Seiten zeigten sich zufrieden mit dem Abschluss, der auch eine Grundsatzerklärung für mehr Flexibilität des Flächentarifvertrages enthält und den Betriebsparteien mehr Autonomie zubilligt. Damit sollen Arbeitsplätze gesichert werden. IG-Metall-Chef Jürgen Peters sprach von einem "akzeptablen Kompromiss", Gesamtmetall-Chef Martin Kannegiesser von einem "qualitativen Schritt nach vorne".

Öfnnungsklauseln bei der Arbeitszeit

Die Tarifparteien einigten sich zwar auf größere Spielräume unter anderem bei längeren Arbeitszeiten, Abweichungen von den Normen des Tarifvertrages müssen aber immer noch von den Tarifparteien genehmigt werden. Nach drei Jahren sollen die Klauseln noch einmal überprüft werden.

Eine längere Arbeitszeit ist für besonders qualifizierte Arbeitnehmer möglich. Bislang durften 18 Prozent der Belegschaft vor allem in Forschung und Entwicklung bis zu 40 Stunden pro Woche arbeiten, künftig kann die Quote auf bis zu 50 Prozent erhöht werden.

Zum anderen erhalten Betriebe die Möglichkeit, für einzelne Arbeitnehmer, Arbeitnehmergruppen oder Betriebsteile die Arbeitszeit auf bis zu 40 Stunden zu verlängern, ohne dass Mehrarbeitszuschläge anfallen. Zugleich können Sonderzahlungen gekürzt werden. "Diese Regelung ist aus unserer Sicht ein Beitrag zur Sicherung von Arbeitsplätzen in Deutschland", sagte Zwiebelhofer.

Weder Sieg noch Niederlage

IG-Metall-Chef Peters sagte, die Gewerkschaft habe auch dank der massiven Warnstreiks die Pläne der Arbeitgeber durchkreuzen können, flächendeckend zur 40-Stunden-Woche zurückzukehren.

Gesamtmetall-Präsident Kannegiesser sagte, die Arbeitgeber seien ihrem Ziel ein Stück näher gekommen, Betrieben mit Anpassungs- und Umstellungsproblemen bessere Möglichkeiten zu bieten. Es wäre falsch, von Sieg oder Niederlage zu sprechen, sagte Kannegiesser.

Ursprünglich hatten die Arbeitgeber Betriebsvereinbarungen über eine Verlängerung der Arbeitszeiten auf bis zu 40 Stunden auch ohne Lohnausgleich gefordert. Neben zwei Nullmonaten ist in der Lohn- und Gehaltserhöhung ein Beitrag für die Angleichung der Bezüge von Angestellten und Arbeitern in Höhe von zwei Mal 0,7 Prozent enthalten.

Zu den Vereinbarungen über Arbeitszeitverlängerungen sagte IG-Metall-Bezirksleiter Jörg Hofmann, die geltende 35-Stunden-Woche bleibe auch weiter der Bezugspunkt. Nun würden aber neue Spielräume in den Betrieben geschaffen. Damit werde bewiesen, dass die Tarifautonomie kein starres Gebilde sei.

Südwestmetall-Chef Otmar Zwiebelhofer sagte, zwar sei "nicht die große Lösung" erzielt worden, dennoch sei ein wichtiger Schritt auf einem neuen, gemeinsamen Weg der Tarifparteien zur Sicherung von Arbeitsplätzen und Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit deutscher Betriebe gemacht. "Die IG Metall bleibt im Boot, hat sich aber verpflichtet, mit uns in die gleiche Richtung mitzurudern", sagte Zwiebelhofer. Den Lohnabschluss bezeichnete er indes als "gewisse Last".

Die IG Metall war mit der Forderung nach vier Prozent mehr Lohn und Gehalt in die Tarifverhandlungen gegangen, die Arbeitgeber hatten zuletzt in zwei Stufen jeweils 1,2 Prozent mehr Geld angeboten.

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