Pikante Podiumsdiskussion:Großverdiener kneifen

Ausgerechnet eine der lebhaftesten Debatten beim Weltwirtschaftsforum (WEF) haben die Topmanager ausgelassen. Keiner von ihnen stellte sich der öffentlichen Podiumsdiskussion über ausufernde Spitzengehälter.

Judith Raupp

Es sei nicht dienlich, wenn man die Topverdiener anprangere, sagte André Schneider vom WEF. Man habe absichtlich auf deren Teilnahme verzichtet.

Beim Co-Organisator der Veranstaltung, dem Schweizerischen Evangelischen Kirchenbund, klang das anders. Ein Sprecher sagte vor wenigen Tagen, keiner der gefragten Spitzenverdiener habe kommen wollen.

Die Diskussion zwischen Vertretern von Hochschulen, Medien, Kleinunternehmern und Rentenkassen wurde überwiegend mit marktwirtschaftlichen Argumenten geführt, nicht mit moralischen.

Größer als die Steigerung der Aktienkurse

Die Steigerung der Managerlöhne in den vergangenen fünf Jahren sei ungerechtfertigt, weil sie um ein Vielfaches größer ausfalle als die Steigerung der Aktienkurse oder Unternehmensgewinne, kritisierte Dirk Schütz, Chefredakteur der Wirtschaftszeitung Cash.

Der Kleinunternehmer Thomas Minder sagte, dass die Lohnunterschiede in den Firmen auch unter Leistungsgesichtspunkten nicht hinzunehmen seien. Früher habe der Chef zwanzig bis dreißig Mal mehr verdient als der Arbeiter; heute bekomme er bis zu fünfhundert Mal mehr.

Unternehmensberater Björn Johannsson sagte, die Europäer müssten Vorstände ähnlich hoch bezahlen wie die Amerikaner, damit sie nicht abwandern. Er hoffe aber, dass die Obergrenze erreicht sei. Peter Ulrich, Direktor des Instituts für Wirtschaftsethik an der Universität St. Gallen, widersprach: Es sei unwahr, dass europäische Topmanager in die USA wechselten. Die meisten Diskutanten forderten, den Aktionären mehr Kontrolle über die Gehälter zu geben.

© SZ vom 26.01.06 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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