Pharma:Stada unter Druck

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Eine Mitarbeiterin überprüft die Produktion von Tabletten: Die Zukunft des Unternehmens Stada ist wieder völlig offen. (Foto: Frank Rumpenhorst/dpa)

Kaum ist die Milliarden-Übernahme durch einen Finanzinvestor geplatzt, gibt es schon Gerüchte um eine neue Offerte für das Pharmaunternehmen.

Von Elisabeth Dostert, München

Die geplatzte Übernahme durch Finanzinvestoren hat den Aktienkurs des Pharmaunternehmens Stada am Dienstag belastet. Am Morgen gab das Papier an der Frankfurter Börse bis auf 56,51 Euro nach, konnte sich aber im Handelsverlauf deutlich erholen und schloss bei knapp 60 Euro, drei Prozent im Minus. Dass der Kurseinbruch nicht größer ausfiel, führen Aktienhändler darauf zurück, dass Anleger mit einem neuen Übernahmeangebot für den Hersteller von Generika und Markenprodukten wie Grippostad und Ladival rechnen. An Spekulationen wollten sich Stada-Vorstandsvorsitzender Matthias Wiedenfels und Aufsichtsratschef Carl Ferdinand Oetker am Dienstag in einer Telefonkonferenz nicht beteiligen. "Es liegt heute kein anderes Angebot auf dem Tisch", sagte Wiedenfels.

Die beiden Finanzinvestoren Bain Capital und Cinven hatten den Stada-Aktionären 66 Euro je Aktie geboten einschließlich der für das Jahr 2016 vorgeschlagenen Dividende von 0,72 Euro. Das entspricht einer Bewertung des Unternehmens von 5,3 Milliarden Euro. Vorstand und Aufsichtsrat hatten die Annahme des Angebots empfohlen. Wie Stada und die Bieter am Montagabend mitteilten, wurde die Schwelle von mindestens 67,5 Prozent verfehlt, aber knapp. 65,52 Prozent der Stada-Aktionäre waren bereit, ihre Aktien zu verkaufen. Darüber, an welcher Gruppe von Aktionären die Übernahme scheiterte, will Wiedenfels nicht spekulieren. Die Aktie ist breit gestreut. Das Unternehmen entstand 1895, als sich in Dresden Apotheker zusammenschlossen. Noch heute sind viele Apotheker Aktionäre. In den vergangenen Wochen, heißt es, seien viele Hedgefonds eingestiegen, die auf höhere Kurse wetteten, auch weil sich hartnäckig Gerüchte über ein gemeinsames Gegenangebot des chinesischen Konzerns Shanghai Pharmaceuticals und des Finanzinvestors Advent gab. Stand Dienstag, haben sich einige Hedgefonds verzockt. Möglicherweise warten sie nun auf eine neuen Bieter, um ihre Verluste klein zu halten oder - im Falle eines höheren Angebots - doch noch mit Gewinn wieder auszusteigen. In Finanzkreisen hieß es am Dienstag, einige Investoren seien schockiert darüber, dass das Geschäft geplatzt ist und versuchten, es irgendwie noch zu retten. Wiedenfels fürchtet die Hedgefonds nicht. "Ich bin kein sorgenvoller Mensch", sagte er.

Stada gilt seit langem als Übernahmekandidat und ist - nach dem Verkauf von Hexal an den Schweizer Konzern Novartis und von Ratiopharm an die israelische Gruppe Teva vor vielen Jahren - der letzte noch unabhängige große deutsche Hersteller von Generika; das sind Nachahmerprodukte von Arzneien, für die kein Patenschutz mehr besteht. Sie sind deutlich billiger als Originalpräparate. Stada bleibt ein Übernahmekandidat.

Selbst Cinven und Bain Capital könnten rasch ein neues Angebot einreichen, wenn Vorstand und die Aufsichtsbehörde Bafin diesem zustimmen. Wenn nicht, dürfen die beiden Finanzinvestoren ein Jahr lang nicht wieder für Stada bieten.

Für so eine Wiederholungstat gibt es ein milliardenschweres Beispiel. So war der US-Konzern McKesson Anfang 2014 beim ersten Versuch der Übernahme des deutschen Pharmahändlers Celesio an der Mindestannahmeschwelle von 75 Prozent gescheitert. Eine zweites Angebot, nur wenige Tage nach dem geplatzten Versuch, gelang, weil der verkaufswillige Familienkonzern Haniel in der Zwischenzeit seinen Anteil von 50 auf knapp 76 Prozent aufgestockt hatte, indem er dem Hedgefonds Elliott sein Paket abkaufte.

Cinven und Bain Capital lobten am Montag in einer Mitteilung die "sehr enge" und "konstruktive" Zusammenarbeit mit Vorstand und Aufsichtsrat von Stada. Auf die Frage, ob es ein neues Angebot der beiden Finanzinvestoren geben werde, antwortete Wiedenfels: "Es gibt keinen Masterplan B oder C, den wir mit Bain Capital und Cinven besprochen haben." Der Vorstandschef sagt in der Telefonkonferenz aber auch, dass man sich den Fall McKesson sehr genau angesehen habe.

Wiedenfels und Oetker redeten am Dienstag die Niederlage schön. Der Vorstandschef wertet die Absage der Aktionäre an die Finanzinvestoren sogar als "Vertrauensbeweis in die Leistungsfähigkeit von Stada". An der Wachstumsstrategie ändere sich nichts. "Wir waren ja nicht auf der Suche. Wir machen ganz normal weiter mit dem, was wir uns vorgenommen haben", sagte Wiedenfels.

Der Investor, dessen Einstieg im Frühjahr 2016 den Übernahmekampf anfachte, ist längst weg: Active Ownership Capital (AOC), einer jener aggressiven Beteiligungsfirmen, die sich in unterbewertete Firmen einkaufen und Druck machen. Mitte Juni teilte AOC mit, man habe seine Anteile - es waren nur wenige Prozente - verkauft. AOC hat seinen Schnitt gemacht. Der Wert des Pakets dürfte sich mehr als verdoppelt haben.

© SZ vom 28.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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