Pflegeversicherung:Gesundheitsökonom rät zur Bürgerversicherung

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Ein Ende der privaten Pflegeversicherung könnte die gesetzlichen Pflegekassen nachhaltig sanieren und die Leistungen für die betreuten Menschen verbessern.

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Zu diesem Ergebnis kommt ein Konzept des Gesundheitsökonomen Karl Lauterbach, der auch Sozialministerin Ulla Schmidt (SPD) berät.

Lauterbach will die Pflegeversicherung - ähnlich wie die Krankenkassen - zu einer Bürgerversicherung umbauen. Konkret würde die Grenze zwischen Gesetzlichen und Privaten fallen, Beamte und Selbstständige müssten sich fortan gesetzlich versichern.

"Gegenteil des Solidarprinzips"

Außerdem sollen die Bürger für Zinserträge ebenfalls Pflegebeiträge zahlen. Insgesamt verspricht sich Lauterbach durch eine solche Reform zusätzliche Einnahmen von jährlich vier Milliarden Euro. Dabei soll der Großteil des Geldes daher kommen, dass künftig Beamte und Selbstständige einbezogen sind.

Die Einnahmen aus Zinserträgen beziffert er nur auf eine Milliarde Euro. Mit dem Geld könnte die Pflegeversicherung verbessert werden. So könnte der Pflegebeitrag von 1,7 Prozent bis 2015 stabil bleiben. Daneben könnten die gesetzlichen Pflegekassen Rücklagen aufbauen, altersverwirrte Heimbewohner (Demenzkranke) besser versorgen und auch die Leistungen ambulanter Pflegedienste verbessern.

Das heutige System sei das "Gegenteil des Solidarprinzips", sagte Lauterbach. "Man muss gut verdienen, um weniger Beitrag zu zahlen." Damit spielte er auf die private Pflegeversicherung an. Seit der Einführung von 1995 konnte sie die Beiträge senken sowie Rücklagen von 12,3 Milliarden Euro anhäufen und Überschüsse ausweisen. Allein im Jahr 2002 lag dieses Plus bei 120 Millionen Euro.

Anders als manche Versicherungsmanager behaupten, sei dafür aber nicht eine höhere Wirtschaftlichkeit verantwortlich, meinte Lauterbach. So seien etwa die Verwaltungskosten bei den Privaten doppelt so hoch wie bei den Gesetzlichen.

Gesündere Versicherte

Grund für die guten Ergebnisse der Privaten ist die gesündere Klientel. So liegen die Leistungsausgaben pro Versicherten bei den Privaten nur bei einem Drittel der Kosten der sozialen Pflegekassen.

Verfassungsrechtliche Probleme sieht Lauterbach nicht. So will er die bislang aufgelaufenen Rückstellungen der privaten Pflegeversicherung nicht antasten. "Ich lehne eine Enteignung ab", sagte er.

Das SPD-Präsidiumsmitglied Andrea Nahles begrüßte das Konzept, weil es den Solidaritätsgedanken stärken würde. Die SPD habe sich aber noch nicht festgelegt, die zuständige Kommission unter Leitung von Ulla Schmidt soll bis Herbst ein Konzept ausarbeiten. Die Ministerin hat aber Bedenken gegen eine Bürgerversicherung bei der Pflege.

Über eine Reform diskutieren die Parteien schon länger. Grund dafür ist die überalternde Gesellschaft, in der mehr Menschen pflegebedürftig werden. Dabei ist noch unklar, wie die steigenden Kosten bezahlt werden sollen.

Die Union drängt stärker auf eine private Absicherung der Menschen und will einen Kapitalstock aufbauen, wobei sie sich noch nicht festgelegt hat. Im Jahr 2004 machte die Pflegeversicherung ein Defizit von 860 Millionen Euro.

© SZ vom 03.03.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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