Personalie:Geheimnisvolle Milliardärin

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Die Syrerin Nahed Ojjeh steigt bei der britischen Agentur Cordiant ein - alle rätseln, warum.

Gerhard Bläske

(SZ vom 23.7.2003) — Eigentlich legt sie Wert auf Diskretion. Doch jetzt ist Nahed Ojjeh plötzlich im Interesse der Öffentlichkeit. Sie hat 10,75 Prozent an der angeschlagenen britischen Werbegruppe Cordiant gekauft. Alle Welt rätselt nun über die Motive der Milliardärin mit Wohnsitz Paris. Schließlich will die Werbeagentur WPP die Briten übernehmen.

Über das Angebot sollen die Aktionäre von Cordiant an diesem Mittwoch abstimmen. Will Ojjeh nun den WPP-Coup gemeinsam mit der Fondsgesellschaft Active Value blockieren? Oder handelt sie etwa im Auftrag des WPP-Konkurrenten Publicis? Sowohl Active als auch Publicis bestreiten öffentlich, gemeinsame Sache mit der Syrerin zu machen. Doch immerhin räumt Publicis-Chef Maurice Lévy ein, die Dame zu kennen.

Wer Nahed Ojjeh als bloße Jet-Setterin abtut, unterschätzt sie gewaltig. Als Witwe des saudi-arabischen Milliardärs Akran Ojjeh, der 1991 starb, ist sie nicht nur steinreich, sondern auch Erbin eines Firmenimperiums. Über dieses ist allerdings wenig bekannt.

Akran Ojjeh gründete in den 70er Jahren die Investment-Firma Techniques d'Avant-Garde (TAG). Sie verfügt über Niederlassungen in Paris, Washington und Riad und ist Sponsor der Formel 1. Sie ist mehrheitlich an McLaren beteiligt, wozu neben dem Formel-1-Rennstall verschiedene Technologiefirmen gehören.

Wissen um Waffengeschäfte

Nahed Ojjeh hat sich bislang aber weniger als Unternehmerin, denn als großzügige Schach-Sponsorin hervorgetan. Mit dem Pariser NAO Chess Club kontrolliert sie einen der besten Schach- Vereine der Welt. Sie sponsort Turniere — auch in Deutschland — und will Schach zu einer olympischen Sportart machen.

Das Strategiespiel sollte ihrer Ansicht nach schon in der Schule gelehrt werden. Denn Schach, sagt sie, trage dazu bei "auf die Kämpfe und Auseinandersetzungen des täglichen Lebens" vorzubereiten und die soziale Kluft zu überwinden.

Nahed Ojjeh ist eine schillernde Persönlichkeit. Sie ist die älteste Tochter des syrischen Verteidigungsministers Mustafa Tlass, der seit Jahrzehnten zu den zuverlässigen Stützen der syrischen Diktatur gehört.

Angeblich soll er auch massiv in den Drogenhandel verwickelt sein. Naheds verstorbener Mann stand der saudischen Königsfamilie nahe und spielte offenbar im internationalen Waffenhandel eine Rolle.

Das Nachrichtenmagazin Der Spiegel berichtete vor Jahren im Zusammenhang mit Panzerlieferungen an die Saudis, dass dabei vermutlich Millionenbeträge an Briefkastenfirmen geflossen seien. Hinter diesen könnte Ojjehs Unternehmen gesteckt haben.

Einfluss auf Frankreichs Politik

Nahed Ojjeh wollte auch Einfluss auf Frankreichs Politik gewinnen. 1993 soll sie versucht haben, dem damaligen Außenminister Roland Dumas durch eine großzügige Spende an ein Krankenhaus in seinem Bezirk vor den Wahlen unter die Arme zu greifen.

In der Zeitung Le Monde wurde sie als Freundin des bekannten Frauenlieblings Dumas bezeichnet. Mit Verwunderung wurde später registriert, dass Ojjeh im Zusammenhang mit Dumas Verstrickung in den Elf-Prozess der Untersuchungsrichterin aus eigenem Antrieb mitteilte, dass der Ex-Außenminister bei Waffengeschäften in Nahost Kommissionen erhalten habe.

Der Journalist Gerald Schendel, der für ein Schach-Magazin Informationen über Nadeh Ojjeh sammelte, fand zudem heraus, dass die Dame Interesse an Militärpolitik hat.

Neben dem verteidigungspolitischen Experten Michel Rudnianski soll sie an der Präsentation eines Vorschlags zur Nato-Osterweiterung teilgenommen haben. Ihr Privatleben bleibt dagegen im Dunkeln. Nicht einmal ihr Alter ist bekannt.

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