Opel-Rettung:Nur mit Daumenschrauben

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Politiker fordern strenge Bedingungen für die Rettung des Autobauers Opel. Wie diese aussehen könnten, zeigt ein historisches Erfolgsbeispiel aus den USA.

Carsten Matthäus

Es gibt einen Vers, den der deutsche Politiker gerade gerne singt: "Opel muss geholfen werden, aber nur unter strengen Bedingungen. Vor allem muss das Geld in Deutschland bleiben." Das sagen so oder so ähnlich Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU), Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU), FDP-Chef Guido Westerwelle und die stellvertretende SPD-Vorsitzende Andrea Nahles. Schon wird über nachhaltige Hilfe fabuliert und über Hilfe für deutsche Standorte. Klingt alles schön nach zupackender, um Deutschland besorgter Politikerarbeit.

Opel-Zentrale in Rüsselsheim: Rettungsplan noch unscharf (Foto: Foto: Getty)

Viel wichtiger aber ist nun eine Diskussion über die weniger wohlfeilen Bedingungen staatlicher Hilfen. Wie schon beim staatlichen Banken-Rettungspaket muss es da durchaus einen Satz Daumenschrauben geben, der erst das wahre Gesicht der Staatshilfen offenbart. Das Management muss möglicherweise die eigenen Gehälter kürzen, Vertreter des Staates reden mit bei wichtigen Entscheidungen, die Gewerkschaften müssen Lohnverzicht versprechen. Erst dann wird man von "strengen Bedingungen" sprechen können. Und nur wenn die Bedingungen richtig streng sind, wird der Wettlauf um Staatshilfen für die Bundesregierung beherrschbar sein.

Hier kann ein Blick auf eine staatliche Rettungsaktion helfen, die tatsächlich funktioniert hat. Im Jahr 1979 hat der US-Kongress ein Gesetz mit dem Namen "Chrysler Corp. Loan Guarantee Act" verabschiedet. Damit bürgte der amerikanische Staat dafür, dass der Autobauer Chrysler 1,5 Milliarden Dollar an Krediten aufnehmen konnte. Doch die Bürgschaft war an einen ganzen Satz von Bedingungen geknüpft, wie Reginald Stuart in seinem 1980 erschienenen Buch: "Bailout: The Story behind America's Billion Dollar Gamble on the 'New' Chrysler Corporation" schreibt.

Zunächst einmal mussten die Chrysler-Verantwortlichen der Einsetzung eines zweiten Aufsichtsrats zustimmen, in dem Vertreter der US-Notenbank, des Finanz-, des Arbeits- und des Verkehrsministeriums über die Arbeit des Managements wachten. Dieses Board entsandte zusätzlich 20 Mitarbeiter in das Unternehmen, um die Arbeit vor Ort ständig zu überwachen.

Das angeschlagene Unternehmen musste auch einen Plan vorlegen, der neben Stellenstreichungen auch Produktinnovationen enthielt. So verpflichtete sich Chrysler unter anderem vor 30 Jahren, spritsparende Autos zu bauen. Dieser Plan wurde von staatlich bestellten Gutachtern auch auf sein stategisches Potential hin überprüft.

Die Gewerkschaften hatten ebenfalls ihren Teil zum Rettungspaket beizutragen. Sie mussten Zugeständnisse machen, die Stuart zufolge über 550 Millionen Dollar wert waren. Trotz Lohnverzichts wurden die Chrysler-Mitarbeiter jedoch motiviert, für die Rettung zu kämpfen: Sie bekamen Chrysler-Anteile um im Falle einer geglückten Rettung zu profitieren.

Schließlich sicherte die US-Regierung auch die eigenen Steuerzahler ab. Chrysler musste für die Staatshilfe nicht nur Sicherheiten in Form von Maschinen, Grundstücken und Gebäuden bieten, auch Aktienoptionen gehörten zum Paket. Allein damit machte der Staat nach der erfolgreichen Rettung einen Gewinn von mehr als 300 Millionen Dollar.

Das so geschnürte Rettungspaktet war ein voller Erfolg. Chrysler konnte die Staatshilfe bereits 1983 vollständig zurückzahlen, sieben Jahre vor Ablauf der Frist.

Die Situation von Opel heute ist natürlich deutlich anders als die von Chrysler in den USA im Jahr 1979. Sie ist vor allem um einiges unangenehmer. Die Bedingungen nun aber allein darauf zu konzentrieren, dass mit dem Geld deutsche Standorte eines global agierenden Konzerns gesichert werden, wird der Situation noch viel weniger gerecht als vor 30 Jahren.

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