Ombudsmann:Wenn der Schlichter zur Behandlung verhilft

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Ist die Operation medizinisch notwendig? Wenn sich Privatversicherungen weigern, zu zahlen - und sich Kunden beschweren, schlichtet Heinz Lanfermann. Die wichtigsten Streitfälle von Arztrechnung bis OP.

Von Ilse Schlingensiepen, Köln

Eine Privatpatientin mit einer Hüftgelenkserkrankung konnte nur noch kurze Strecken laufen und wollte sich ein neues Hüftgelenk einsetzen lassen. Ihr Versicherer lehnte die Kostenübernahme aber ab, weil die Frau im sogenannten Notlagentarif versichert ist. Ihr könne auch eine Schmerztherapie oder eine nicht-operative Behandlung helfen, hieß es. Der Notlagentarif der privaten Krankenversicherung (PKV) ist für Kunden, die ihre Beiträge nicht zahlen können. Er bietet nur eingeschränkten Versicherungsschutz.

Die Frau mit den Hüftproblemen wollte die Entscheidung nicht hinnehmen und schaltete PKV-Ombudsmann Heinz Lanferman ein. Er fand, der Versicherer sollte die OP bezahlen, was er dann auch tat.

Bei Lanfermann, der für die private Kranken- und Pflegeversicherung zuständig ist, sind im vergangenen Jahr 5770 Beschwerden von Privatversicherten eingegangen, das waren 1,8 Prozent weniger als 2014. Angesichts von fast 43 Millionen Verträgen im Bestand der PKV-Unternehmen ist das nicht gerade viel.

Nur 4015 der Eingaben waren bei Lanfermann an der richtigen Adresse. Der weit überwiegende Teil kam von Kunden mit einer privaten Vollversicherung. Streitigkeiten über die medizinische Notwendigkeit einer Heilbehandlung wie im Fall der Hüftoperation machten dabei mit 22,4 Prozent den größten Anteil der Beschwerden aus. "Was medizinisch notwendig ist, lässt sich immer nur im Einzelfall klären, und bei der Einschätzung besteht ein gewisser Auslegungsspielraum", schreibt Lanfermann in seinem Tätigkeitsbericht 2015. Der FDP-Politiker vermutet, dass die Versicherer aufgrund des Kostendrucks im Gesundheitswesen immer kritischer mit Rechnungen umgehen.

Fast genauso häufig musste er sich mit Auseinandersetzungen über die von Ärzten und Zahnärzten in Rechnung gestellten Gebühren beschäftigen. Das Problem für die Kunden: Erkennt der Versicherer die Arztrechnung nicht in voller Höhe an, müssen sie die Differenz selbst zahlen. Oft kann der Ombudsmann allerdings nichts für die Versicherten tun. Nur 27 Prozent der 2015 abgeschlossenen Verfahren endeten mit einem vollständigen oder wenigstens einem Teilerfolg für die Kunden. "Der hohe Anteil der 'erfolglosen' Beschwerden spricht für die rechtskonforme Bearbeitung der einzelnen Krankenversicherer", sagt Lanfermann. Viele Versicherte sind aber schon dankbar, dass ihnen mal jemand die Entscheidungen richtig erklärt.

© SZ vom 03.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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