Ohlinger und der 1. FCK:1. FC Holzmann

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Johannes Ohlinger reichte den Insolvenzantrag des Baukonzerns Holzmann ein. Nun soll er den Fußball-Bundesligisten Kaiserslautern retten.

Harald Schwarz

Die schlimmsten Stunden in seiner Karriere erlebte Johannes Ohlinger am 21. März 2002. Am späten Nachmittag machte er sich auf den Weg zum Amtsgericht Frankfurt. Um neun Minuten nach 17 Uhr stellte er dort den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über den Baukonzern Philipp Holzmann - den er unbedingt hatte vermeiden wollen.

Ex-Philipp-Holzmann-Manager Ohlinger: Er soll als ehrenamtlicher Vorstand dem 1. FCK den Ausweg aus der Krise zeigen. (Foto: Foto: AP)

Tage- und nächtelang hatte Finanzvorstand Ohlinger mit Gläubigerbanken und Kreditversicherern gekämpft, um das Unternehmen zu retten. Am Ende hatte er verloren, weil mehrere Großbanken, die sich zu diesem Zeitpunkt schon zerstritten hatten, den Daumen senkten über das Sanierungskonzept, das Ohlinger ein "Konzept der Vernunft" nannte.

Ein "Konzept der Vernunft" braucht auch der Profi-Fußballklub 1. FC Kaiserslautern. Die Finanzen der Pfälzer sind dramatisch schlecht. Sportlich ist der Klub, für den einst die deutsche Fußballer-Legende Fritz Walter spielte, auf einen Abstiegsplatz in der 2. Bundesliga abgerutscht. Ob der Absturz damit schon passiert ist oder kurz bevorsteht, ist Ansichtssache.

Bedrängt von Kurt Beck

Jetzt soll Ohlinger helfen. Zusammen mit dem langjährigen Wirtschaftsminister von Rheinland-Pfalz, dem FDP-Politiker Hans-Artur Bauckhage, und Rolf Landry, Mitinhaber der Großbäckerei Barbarossa in Kaiserslautern, tritt der 53 Jahre alte einstige Holzmann-Manager als ehrenamtlich tätiger Vorstand bei dem Krisen-Klub an.

Ohlinger kann glänzend analysieren und oft mit wenigen Blicken in eine Bilanz beurteilen, ob ein Unternehmen solide dasteht oder wankt. Er weiß, wo er neue finanzielle Spielräume finden kann und könnte damit ein Glücksfall für den Verein sein, dessen Schicksal ihn schon bewegt hat, als er noch ein kleiner Junge war.

Damals spielte er für den FK Pirmasens und schaffte es bis in die damalige Südwestliga, was in etwa den heutigen Regionalligen entspricht. Fan aber war er vom 1. FC Kaiserslautern. Später, als Manager, fuhr der Vater einer Tochter und eines Sohns oft zu Spielen auf den Betzenberg ins Fritz-Walter-Stadion - und erlebte den Niedergang seines Lieblingsvereins hautnah mit.

Für ein Amt beim FCK hat Ohlinger nie gekämpft, auch wenn er einmal für den Aufsichtsrat kandidierte. In den vergangenen Wochen wurde er immer wieder bedrängt, von Bauckhage, aber indirekt wohl auch von Kurt Beck. Der Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz und SPD-Chef ist FCK-Fan, der Millionen Euro zum Betzenberg schleuste.

Dass Ohlinger nun wieder mehr Aufmerksamkeit zuteil wird, wird ihm nicht unbedingt gefallen. Der groß gewachsene Mann ist zurückhaltend, fast scheu. Die Holzmann-Pleite hat er als persönliche Niederlage aufgefasst, was ihm zeitweise schlaflose Nächte brachte. Seitdem arbeitete er als freier Berater.

Tabus wird es bei den Roten Teufeln keine geben, wenn Ohlinger nun neue finanzielle Spielräume sucht; das gilt sowohl für die Geldsuche für neue Spieler, die den drohenden Abstieg verhindern sollen, als auch für die erkleckliche Miete, die der klamme Klub an die ebenfalls klamme Stadiongesellschaft zu zahlen hat. Vermögen besitzt der FCK kaum noch, seit das Stadion und das Trainingsgelände vor einigen Jahren verkauft wurden, um Schulden abzubauen.

"Bis die Probleme gelöst sind"

Vor Ohlinger und seinen beiden ehrenamtlichen Mitstreitern, die zusammen die beiden hauptamtlichen Vorstände Erwin Göbel und Arndt Jaworski überstimmen können, liegt eine schwere Aufgabe.

Dass Ohlinger in Reaktionen von FCK-Anhängern in Fan-Foren im Internet die Holzmann-Pleite als Makel anhaftet, ist zwar verständlich, doch allein zu verantworten hat er die Insolvenz nicht. Zu Holzmann kam der Manager 1997 nach einer Station bei Babcock-BSH.

Bei dem Frankfurter Baukonzern entdeckte er gewaltige Probleme. Das Unternehmen hatte in der ersten Hälfte der 90er Jahre in einer im Nachhinein kaum erklärbaren Gier nach Größe auf dem Immobilienmarkt beträchtliche Risiken angehäuft, die zu immensen Wertberichtigungen und damit zu Milliardenverlusten führten.

Ohlinger erzählte im Jahr 2001, dass er angesichts der "Altlasten" verwundert gewesen sei, mit welchem "Abstand zur Realität" bei Holzmann gehandelt worden sei. Die seinerzeit schwache Baukonjunktur erschwerte die Lage zusätzlich.

Außerdem hielten sich die Banken nicht an eine Sanierungsvereinbarung, wonach sie Immobilien von Holzmann übernehmen sollten, um die Firma zu entlasten. In diesem Umfeld war die Pleite programmiert. Ohlinger versuchte vergeblich, den Konzern zu retten.

Sein Engagement beim FCK versteht er als zeitlich begrenzte Mission. Der Süddeutschen Zeitung sagte er: "Ich mache hier mit, weil ich darum gebeten wurde. Wenn die Probleme gelöst sind, wird das Thema für mich erledigt sein."

© SZ vom 23.11.2007/bpr/mah - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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