Öl-Treibstoff der Weltwirtschaft:Die Zeit des billigen Öls ist vorbei

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Auf der Klimakonferenz in Buenos Aires zerbrechen sich derzeit Experten und Politiker den Kopf darüber, wie der weltweite Ausstoß von Treibhausgasen reduziert werden kann. Aber die Chancen stehen schlecht: Die Weltwirtschaft ist abhängiger denn je von Gas und Erdöl - was sich in den Preisen spiegelt.

Von Gerd Zitzelsberger

Sie werden lächeln, wenn sie bei der Weltklimaschutz-Konferenz in Buenos Aires von der Tatkraft des Bundesumweltministers hören: Jürgen Trittin hat eine Kampagne gestartet, mit der er die Deutschen dazu bewegen will, durch die Modernisierung von Wohnungen Gas und Öl einzusparen.

Das schadet nichts, aber es wird die Welt nicht retten: Um die Erwärmung der Erd-Atmosphäre durch den Ausstoß von Kohlendioxid und anderer Schadstoffe zu bremsen, müssen die Hebel an ganz anderer Stelle angesetzt werden.

Die Verantwortung liegt vor allem bei China, Indien, Russland und den USA. Auf diese Länder konzentriert sich die Seelenmassage bei der Klima-Konferenz, die noch bis zum nächsten Freitag tagt, aber wenige Ergebnisse zustande bringen dürfte.

Denn die USA und Russland haben die größten Möglichkeiten, den Ausstoß von dreckiger und warmer Luft zu verringern. In China und Indien wiederum steigt die Schadstoff-Belastung am schlimmsten an. Beide Länder werden im Jahr 2012 etwa doppelt so viel Kohlendioxid in die Luft blasen wie 1990.

Im Grunde geht es bei der Konferenz um eine "neue Architektur des Kyoto-Abkommens", wie es Fatih Berol, der Chefvolkswirt der Internationalen Energie-Agentur (IEA), formuliert.

Gemeint ist damit, dass auch die USA, China und Indien mitmachen müssten. Im so genannten Kyoto-Protokoll hatten sich die Industrieländer darauf geeinigt, den Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase bis 2012 um 5,2 Prozent unter das Niveau von 1990 zu senken.

Die Vereinigten Staaten, der größte Umweltverschmutzer, lehnen das Abkommen freilich ab. Auf sie entfallen nach Schätzung der IEA derzeit sechs Milliarden Tonnen jährlich und damit 36 Prozent des weltweiten Kohlendioxid-Ausstoßes.

Der Schlüssel Öl

Bis 2012 dürfte, wenn es bei der gegenwärtigen Politik bleibt, der Schadstoff-Ausstoß Amerikas nach Schätzung der IEA sogar um 30 Prozent über dem Wert des Jahres 1990 liegen.

Der Schlüssel für die Probleme liegt beim Öl: Mit einem Anteil von 36 Prozent bildet es immer noch das Rückgrat der weltweiten Energieversorgung, und daran dürfte sich nach allen Prognosen auch in den nächsten 30 Jahren wenig ändern.

Zwar stagniert in einzelnen, hoch entwickelten Ländern der Öl-Verbrauch inzwischen -- nicht nur aufgrund von Sparsamkeit, sondern vor allem, weil energieintensive Branchen oft in Länder mit niedrigerem Wohlstand ausgewichen sind.

In Staaten wie China wächst die Nachfrage dafür umso kräftiger. In Indien etwa haben Abermillionen von Familien noch keinen Strom im Haus. Wenn sich dies ändert, werden sie auch Kühlschränke haben wollen: Beim Übergang von blanker Armut zu einem Hauch von Wohlstand wächst die Energienachfrage viel stärker als bei gleichem Wachstum in einem entwickelten Land.

Das industrielle Erwachen der beiden bevölkerungsreichsten Staaten der Welt dürfte, prognostizieren Experten, dazu führen, dass die Jahre des billigen Öls vorbei sind.

Knappheit und astronomische Preise wie in den vergangenen Monaten sind natürlich das wirksamste Mittel, den Öl-Verbrauch und damit die Belastung der Atmosphäre mit Treibhausgasen zu verringern. Aber vor allem die USA -- der weltweit größte Netto-Importeur von Öl - haben kein Interesse, auf diese Weise zum Sparen gezwungen zu werden.

© SZ vom 12.12.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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