Neustart wohl gescheitert:Fairchild Dornier stellt Insolvenzantrag

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Der Neustart für das Regionalflugzeug 728 ist wohl gescheitert. Der Hersteller Fairchild Dornier AeroIndustries GmbH hat Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt. Während der vorläufigen Insolvenz soll die Suche nach Investoren fortgesetzt werden. Branchenkreise halten dies für schwierig.

Von Jens Flottau und Janis Vougioukas

Die Chancen, einen Investoren zu finden, sind nach Einschätzung von Branchenkennern nicht mehr vorhanden. Der vorläufige Insolvenzverwalter Martin Prager wollte sich zu Gesprächen mit Investoren nicht äußern. Grund für den Antrag ist nach Pragers Angaben "eingetretene Zahlungsunfähigkeit".

Fairchild Dornier AeroIndustries ist eine Tochtergesellschaft von D'Long Europe, ein Ableger des in finanzielle Schwierigkeiten geratenen chinesischen Mischkonzerns D'Long International Strategic Investment. Branchenkreisen zufolge hat die Muttergesellschaft die Vorbereitungen für den Erstflug des 728-Prototyps nicht mehr finanziell unterstützt. Von der Pleite sind 25 Mitarbeiter des Kernteams betroffen, die die für den Herbst geplanten Flugtests vorbereiten sollten.

Wechselvolle Geschichte

D'Long hatte das 728-Programm aus der Insolvenzmasse des im Frühjahr 2002 Pleite gegangenen Flugzeugbauers Fairchild Dornier übernommen. Das Unternehmen hatte rund eine Milliarde US-Dollar investiert und brauchte nach damaliger Schätzung eine weitere Milliarde bis zur Serienfertigung.

Die Finanzinvestoren Allianz Capital Partners und Clayton, Dubilier & Rice, die bei Fairchild Dornier 1998 eingestiegen waren, ließen vor gut zwei Jahren eine weitere Finanzierungsrunde platzen, und mögliche Interessenten wie Boeing, Bombardier und Alenia winkten ab.

Fairchild Dornier hatte sich für das 70- bis 85-sitzige Flugzeug bereits Milliardenaufträge von Lufthansa und General Electric Capital Aviation Services (GECAS) gesichert und beschäftigte zu Spitzenzeiten rund 4000 Mitarbeiter.

Nun ist das Projekt offensichtlich an den Finanzsorgen des D'Long-Imperiums gescheitert. Die Tang-Brüder, die D'Long 1986 in Urumchi gründeten hatten, gehören zu den reichsten Unternehmern Chinas.

Dem Konzern mit Beteiligungen an mehr als 177 Unternehmen droht aber die Pleite. Das Hauptquartier im Schanghaier Finanzdistrikt Pudong ist versiegelt. Firmenchef Tang Wanli soll jeden Tag in einem anderen Hotel übernachten, um seinen Gläubigern zu entgehen.

Während die Banken nicht mehr bereit sind, weitere Kredite zu gewähren, belaufen sich die Verbindlichkeiten nach Schätzungen chinesischer Medien auf 2,8 Milliarden Yuan (etwa 280 Millionen Euro). "Es ist unwahrscheinlich, dass die D'Long-Krise in den kommenden zwei Wochen überwunden wird", schrieb die regierungsamtliche China Daily in ihrer Hongkong-Ausgabe.

Zu schnell gewachsen

Ende April war der Aktienkurs von drei der sechs börsennotierten D'Long-Firmen in nur zehn Tagen um 40 Prozent gefallen. Da Aktienpakete den Banken als Sicherheit gedient hatten, begannen die Geldhäuser ihre Kredite zurückzufordern und die Vermögenswerte einzufrieren. In einem seltenen Interview mit dem China Securities Journal machte Firmenchef Tang Wanli negative Medienberichte für eine Kettenreaktion verantwortlich, die zu der Vertrauenskrise der Investoren und Gläubiger geführt habe.

Das eigentliche Problem dürfte darin bestehen, dass D'Long eine äußerst verschlossene Firma war, die sich nie um Transparenz bemüht hatte. Inzwischen hat der Konzern die Pekinger Regierung um Hilfe gebeten. Eine Pleite könnte nicht nur für die deutsche Tochtergesellschaft, sondern für die chinesische Wirtschaft massive Folgen haben.

Es zeichnet sich bereits eine der größten Finanzkrisen der chinesischen Wirtschaftsgeschichte ab. "Wenn D'Long Bankrott geht, wird ein Verlust von zehn Milliarden Yuan entstehen, was für die Regierung schwer zu verkraften sein wird", sagt D'Long Spitzenmanager Xiang Hong.

Anleger könnten auch den Glauben an andere Privatunternehmen verlieren.Bereits jetzt haben D'Longs Schwierigkeiten zu einem Vertrauensverlust an den chinesischen Börsen geführt und die Kurse in Shanghai und Shenzhen einbrechen lassen. Die Banken könnten nicht-staatlichen Betrieben außerdem den Zugang zu Krediten noch weiter erschweren.

Viele Beobachter machen das zu schnelle und aggressive Wachstum der Gruppe für die Krise verantwortlich, denn D'Long hat sich gleichzeitig in viele Felder vorgewagt.

Seit der Eröffnung der Firmenzentrale in Schanghai im Januar 2000 hat der Mischkonzern Dutzende Firmen übernommen aus so unterschiedlichen Bereichen wie Tomaten-Verarbeitung, Zement, Automobilteilen, Haushaltsgeräten, Lastwagen und Bergbau. Zu den Vermögenswerten gehört auch ein alter sowjetischer Flugzeugträger, den D'Long in einen schwimmenden Erlebnispark umgewandelt hat.

Die Investitionen in Deutschland bereiten der Firma jedoch schon lange Kopfzerbrechen. Bereits im Februar sagte Spitzenmanager Shao Zhi, der zuständig ist für das internationale Geschäft der Firma, im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung, D'Long habe Probleme, Partner und chinesische Zulieferer für den Bau des Regionaljets zu finden. Letztlich könne das dazu führen, dass D'Long sich wieder von dem Prestigeprojekt verabschiede werde.

© SZ vom 22.06.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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