Neuer Tarifvertrag:Im Bau wird wieder länger gearbeitet

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Die Beschäftigten im Baugewerbe kehren zur 40-Stunden-Woche zurück. Dafür gibt es auch etwas mehr Lohn - allerdings nur im Westen.

Nach langwierigen Verhandlungen haben sich Arbeitgeber und Gewerkschaften am Dienstag auf einen Tarifabschluss für das krisengeschüttelte Baugewerbe geeinigt. Das Abkommen sieht für die bundesweit rund 800.000 Beschäftigten Einschnitte vor.

So steigt die Wochenarbeitszeit von derzeit 39 auf 40 Stunden ohne Lohnausgleich, wie der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes (ZDB) in Berlin mitteilte. Zudem werden Mindestlohn und Urlaubsgeld gesenkt.

Gleichzeitig bekommen die Beschäftigten im Westen ab April 2006 ein Prozent mehr Lohn. Im Osten sind keine Gehaltserhöhungen vorgesehen.

Lohnkosten sollen um 2,5 Prozent sinken

Die Arbeitgeber erhoffen sich von dem neuen Tarifvertrag Kosteneinsparungen für die unter der lahmenden Konjunktur und ausländischer Billigkonkurrenz leidende Branche: Allein durch die Anhebung der wöchentlichen Arbeitszeit würden die Lohnkosten um 2,5 Prozent sinken, rechnete der ZDB vor.

Die bisher garantierten Tariflöhne würden abgeschafft. Stattdessen sollen die Betriebe eigene Leistungsvorgaben machen können und daran entsprechend den Lohn bemessen.

Dabei seien auch Bonuszahlungen und Abschläge gestattet. Ab September diesen Jahres sollen zudem die Mindestlöhne um 1,7 Prozent schrumpfen und erst 2006 und 2007 schrittweise wieder angehoben werden. Insgesamt sollen die Bauunternehmen so um drei Prozent entlastet werden.

Die Arbeitnehmerseite, die mit dem Ziel der Beschäftigungssicherung in die Verhandlungen gegangen war, begrüßte insbesondere die Festschreibung von Mindestlöhnen und die Vereinbarung zur ganzjährlichen Beschäftigung.

Letztere verhindere bei schlechter Auftrags- oder Witterungslage das Abdriften der Beschäftigten in das Arbeitlosengeld II, sagte Andreas Steppun von der IG Bau in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen im MDR Info.

Arbeitszeitkonten werden aufgewertet

Nach der bisherigen, auch künftigen geltenden Regelung konnten Bauarbeiter Mehrstunden im Sommer auf Arbeitszeitkonten sammeln, die dann im Winter abgeschmolzen wurden. Da wegen der schlechten Auftragslage viele Konten nicht voll genug waren, wurden Bauarbeiter im Winter dennoch zu Tausenden auf die Straße gesetzt.

Auf Grundlage des neuen Tarifabschlusses kommt zu den Arbeitszeitkonten nun eine Umlage hinzu. Aus diesem von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite ko-finanziertem Topf gibt es künftig für jede in der Schlechtwetterzeit eingesetzte Arbeitskontostunde 2,50 Euro zusätzlich.

"Wir haben die begründete Hoffnung, dass damit die Winterarbeitslosigkeit mehr als bisher vermieden werden kann", sagte der Geschäftsführer für Tarifpolitik beim ZEB, Harald Schröer.

Weiterer Teil-Erfolg für die Gewerkschaften: Nach 17 Nullmonaten von April 2004 bis August können sich die westdeutschen Bau-Beschäftigten auf sieben Einmalzahlungen von je 30 Euro freuen. Ab April 2006 bekommen sie dann ein Prozent mehr Lohn.

Der Tarifkompromiss steht allerdings unter Vorbehalt: Diejenigen Verbände, die dem ZDB das Verhandlungsmandat für Lohnverhandlungen entzogen haben, müssen dem Kompromiss in allen Punkten zustimmen.

Zumindest der Baugewerbeverband Schleswig-Holstein (BGVSH), der dem ZDB kein Verhandlungsmandat ausgestellt hatte, meldete Bedenken an.

Nach den vorliegenden Informationen halte er eine Zustimmung für schwierig, erklärte BGVSH-Hauptgeschäftsführer Georg Schareck. Als Grund nannte er die höheren Löhne in der westdeutschen Bauindustrie im Vergleich zu den ostdeutschen Konkurrenzbetrieben.

Ein Teil der ostdeutschen Bauunternehmer wiederum lehnte das Ergebnis wegen der Festschreibung der aus ihrer Sicht zu hohen Mindestlöhne ab. Der Zweckverbund Ostdeutscher Bauverbände (ZVOB) prüfe ein gerichtliches Vorgehen, sagte Geschäftsführer Wolf Burkhard Wenkel. Er forderte einen für Ost und West einheitlichen Mindestlohn auf einem Niveau von sieben bis acht Euro.

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