Neuer Nichtraucherschutz:Werbung im Reservat

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Genüsslich zieht er an seiner Kippe und blickt in die Canyons der Rocky Mountains. Jetzt hat die Bundesregierung das Werbe-Revier des Marlboro-Manns allerdings drastisch verkleinert. Im verbliebenen Gelände will die Werbeindustrie umso stärker jagen.

Paul Trummer

Nach langem Tauziehen der Lobbyisten, Klagen beim EuGH und freiwilligen Selbstverpflichtungen sprach der Bundestag nun Klartext: Rauchen in Speiselokalen ist in Zukunft verboten, ebenso wie Werbung für Zigaretten in Printmedien, Internet und Radios.

Motiv einer Anti-Raucher-Kampagne in Hollywood/USA. (Foto: Foto: AP)

Mit dieser Entscheidung kam die Expertengruppe einer Entscheidung des EuGH zuvor, der die Berufung Deutschlands gegen die strenge Tabakrichtlinie der Europäischen Union voraussichtlich abgelehnt hätte.

Durch das Verbot hat die deutsche Tabakindustrie einen langen Kampf verloren. Denn bislang hatten Lobbyisten wie Ilona Luttmann von British American Tobacco einigermaßen erfolgreich versucht, gegen das Verbot anzugehen.

Ausgeklügelte Methoden

Die Methoden der Tabak-Lobby waren dabei recht ausgeklügelt. Wie nehme ich eine Branche in Schutz, die eigentlich kaum zu rechtfertigen ist? Keine leichte Aufgabe, die den PR-Strategen der Branche gleichwohl immer wieder gelang. Noch im September hatte Luttmann in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung gesagt, es gehe vor allem darum, British American Tobacco als ein "verantwortungsvolles Tabakunternehmen" darzustellen.

Immerhin gestand Luttmann ein: "Es ist unbestritten, dass Rauchen mit Risikofaktoren verbunden ist, darüber informieren wir unsere Kunden auch."

Geholfen hat es der Branche am Ende nicht.

Konstante Verkäufe erwartet

Bei Reemtsma, Deutschlands Nummer drei am deutschen Tabakmarkt, reagiert man auf die Entscheidung allerdings demonstrativ gelassen. Durch das Plädoyer des Generalstaatsanwaltes vor dem EuGH sei die Entscheidung des Bundestags "vorhersehbar" gewesen, so Reemtsma-Sprecher Sebastian Blohm zu sueddeutsche.de.

Wie Erfahrungen aus anderen Ländern zeigten, treffe das Verbot eher Verlage als die Tabakkonzerne, deren Absätze auch in Ländern mit Werbeverboten konstant blieben.

Doch was geschieht mit den überschüssigen Millionen für die Anzeigen-Kampagnen? "Das würde unsere Konkurrenz wohl auch gern wissen", so der Konter Blohms gegenüber sueddeutsche.de. Die verbleibenden Werbekanäle würden jedoch an Bedeutung gewinnen.

Bei der absehbaren Umverteilung der Mittel geht es um viel Geld. 50 Millionen Euro jährlich werden allein die großen Verlage durch den Wegfall wichtiger Anzeigenkunden verlieren, ergab eine Studie des Marktforschers AC Nielsen. Hinzu kommen weitere Aufträge in Millionenhöhe für die großen Werbeagenturen.

"No comment" der Werber

Dort gibt man sich nach dem Verbot zugeknöpft. Von sueddeutsche.de um einen Kommentar zum Werbeverbot gebeten, hieß es sowohl bei Jung von Matt (Benson & Hedges) als auch bei Scholz & Friends (John Player Special) "no comment".

Fest steht: Den Werbern bleibt künftig weniger Spielraum für den Aufbau des Images, das gerade bei homogenen Produkten für den Absatz wichtig ist. Die Website der Zigarettenmarken stellt bislang eines der wenigen Werbemittel dar, die noch ausführlich dem Image des Rauchers huldigen dürfen. Doch Spaß-Surfer sind nicht willkommen.

Name und Anschrift, Geburtsdatum, oft gar die Reisepassnummer müssen zuvor bekannt gegeben werden, durchgeführte Schufa-Abgleiche lassen eher das Gefühl aufkommen, man bewerbe sich um einen Direktkredit.

Doch mit der Richtlinie droht den Internet-Auftritten das Aus. Auch das Sponsoring von Massenevents wie dem Formel-1-Grandprix oder von Konzerten wurde mit der Entscheidung der Bundesregierung untersagt. Bisher war das Sponsoring der letzte Weg, um Tabakwerbung irgendwie im Fernsehen zu platzieren. Nun gibt es ihn nur noch im Kino, auf Plakat- und Kiosk-Werbung: den Marlboro-Mann - als Cowboy im Reservat.

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