Neuer Band:Harry Potter sorgt für Dumpingaktionen

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Am Samstag erscheint die englische Ausgabe von Band sechs der Abenteuer des Zauberlehrlings Harry Potter, was die Umsätze kräftig ankurbeln wird. Doch seit Tagen tobt in der Branche auch eine Preisschlacht.

Von Harald Schwarz

Großfilialisten und Online-Buchhändler versuchen derzeit fast täglich, sich beim Preis für "Harry Potter and the Half-Blood Prince" - so der Titel von Folge 6 der im britischen Verlag Bloomsbury erscheinenden Potter-Reihe - gegenseitig zu unterbieten.

Während der empfohlene Ladenpreis der englischen Originalausgabe für den deutschen Markt 24,90 Euro beträgt, gibt es den Wälzer beispielsweise beim Online-Anbieter Amazon bereits für 15,80 Euro, wobei auch noch eine kostenlose und pünktliche Lieferung zugesagt wird.

Kleinere und mittlere Buchgeschäfte können in diesem Preiskampf in der Regel nicht mithalten. Möglich wird er freilich nur deswegen, weil die englische Ausgabe keiner Preisbindung unterliegt. Deren Verkauf unterscheidet sich damit entscheidend von der vom Carlsen Verlag für den 1. Oktober angekündigten deutschen Potter-Ausgabe, deren Titel noch nicht feststeht.

Rekordverkauf am Samstag

Allein von der englischen Version sollen hierzulande am Samstag etwa 600.000 Exemplare verkauft werden, so kalkuliert der Börsenverein des Deutschen Buchhandels. Vorsteher Dieter Schormann, der in diesem Jahr aus dem Verkauf von Harry Potter-Büchern einen Umsatz von 60 Millionen Euro erwartet, betont denn auch die Rolle des sechsten Bandes als Publikumsmagnet.

Und er hofft, dass die Kunden an diesem Samstag auch noch andere Bücher kaufen werden. Durch den Preiskampf sieht sich Schormann zugleich aber in seiner Funktion als Verfechter der deutschen Preisbindung bestätigt: "Das ist ein Zeichen für deren Notwendigkeit. Wir sehen jetzt, was es wirtschaftlich bedeuten würde, wenn wir keine Preisbindung hätten", betont er. Es würden dann Titel verkauft, "an denen keiner etwas verdient".

Fast in einem Atemzug mit dem neuen Harry-Potter-Band nennt Schormann als großen Erfolg die im vergangenen Jahr vom Süddeutschen Verlag herausgegebene SZ-Bibliothek, die 2004 immerhin vier Prozent des gesamten Belletristik-Umsatzes am Büchermarkt ausgemacht habe.

Auch dieses von anderen Verlagen nachgeahmte Angebot habe viele Kunden in die Geschäfte gelockt, sagt er und warnt die Klientel allerdings zugleich davor, sich an Preise wie bei der SZ-Bibliothek zu gewöhnen. Schormann: "Das sind keine Marktpreise, sondern Marketingpreise. Das kann nicht die Zukunft des Buchmarktes sein."

Neuentdeckungen dank Sonderaktionen

Nach seiner Meinung sollten und müssten solche Offerten die Ausnahme bleiben. Er räumt aber ein, dass Leser durch ein solches Angebot möglicherweise für sich einen neuen Autor entdeckt haben können, was den Buchläden zusätzliche Geschäfte beschert haben dürfte.

Nach drei Jahren mit sinkenden Erlösen ist es dem deutschen Buchhandel 2004 gelungen, den Abwärtstrend zu stoppen. Der Umsatz der Branche stieg um 0,1 Prozent auf knapp 9,1 Milliarden Euro, wozu die SZ-Bibliothek ihren Beitrag leistete.

Klarer Gewinner unter den Absatzkanälen war der Versandbuchhandel, dessen Erlöse um 5,9 Prozent auf 902 Millionen Euro kletterten. Maßgeblich dafür war das beträchtliche Plus von 27 Prozent im Online-Geschäft, das sich auf 510 Millionen Euro summierte.

Die Stimmung hellt sich auf

Für 2005 wagt Schormann keine konkrete Branchenprognose. Er erwarte jedoch ein "positives Ergebnis", zu dem neben Harry Potter VI auch andere Bestseller beitragen würden. Generell meint der Vorsteher des Börsenvereins, der sich verstärkt auch als Kulturverband profilieren möchte, zur aktuellen Lage: "Unsere Stimmung wird langsam besser.

Allerdings sind wir eingebunden in die allgemeine Konsumzurückhaltung. Es gibt daher noch keinen echten Aufschwung." Zum Start des neuen Potter-Bandes wolle der Buchhandel erneut beweisen, wie "kraftvoll und kreativ" er sei.

© SZ vom 15.7.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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