Neuer Aufsichtsratschef:Alteingesessen und gut

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Manfred Bischoff tritt wie schon seit 1976 für DaimlerChrysler an - seit heute als Aufsichtsratschef. Seine erste schwere Aufgaben in seinem neuen Amt: Mit dem Konzernchef Dieter Zetsche eine Lösung für die Sorgentochter zu finden.

Dagmar Deckstein

Versonnen blickte Manfred Bischoff vom Podium des schon ziemlich in die Jahre gekommenen Berliner Kongressbunkers ICC hinunter auf den Hauptredner.

Konzernchef Dieter Zetsche erörterte gerade zum x-ten Male, dass man sich für die Zukunft der ebenfalls in die Jahre gekommenen DaimlerChrysler-Ehe weiterhin alle Optionen offenhalte - inklusive Scheidung.

Mit dem Ende dieser Hauptversammlung wird Bischoff als neugewählter Aufsichtsratschef der Partner von Zetsche sein und mit darüber wachen, dass das leidige Kapitel Chrysler mit Anstand über die Bühne gebracht wird.

Nachfolge von Hilmar Kopper

Bischoffs Vorgänger Hilmar Kopper wurde vor einigen Jahren einmal von einem Fernsehteam zum Thema Managergehälter befragt und mit der Frage konfrontiert, wie denn die Spitzengehälter bei DaimlerChrysler einerseits und der ständig fallende Aktienkurs andererseits zu verstehen wären.

Darauf antwortete Kopper nur schnöde, das zu verstehen bedürfe eines besonderen Wissens, über das die breite Öffentlichkeit gar nicht verfügen könne.

So eine Art von Arroganz an den Tag zu legen, fiele dem pietistisch geprägten Manfred Bischoff aus der Kleinstadt Calw nicht ein. Auch sonst dürfte mit Bischoff ein neuer Stil im DaimlerChrysler-Konzern Einzug halten.

Es könnte gut sein, dass nach der konstituierenden Aufsichtsratssitzung andere Saiten aufgezogen und die Fragen des Aufsichtsratsvorsitzenden Bischoff an den Vorstandschef Zetsche bohrender werden als unter Kopper.

Multivariabilität

Was passiert mittelfristig mit der wackeligen Transporter-Sparte? Und mit der EADS-Beteiligung, die nun definitiv nicht zum Kerngeschäft Auto passt und nach dem Airbus-Debakel auch keine ordentlichen Renditen mehr abwirft?

Da trifft es sich gut, dass Bischoff seine Dissertation an der Universität Heidelberg zum Thema "Multivariable Zielsetzungen in der Unternehmung" anfertigte.

Solche Multivariabilität nach dem Motto "Rein in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln" prägte das Unternehmen über Jahrzehnte, vom integrierten Technologiekonzern unter Edzard Reuter über Jürgen Schrempps Welt AG bis zu Dieter Zetsches Rückschnitt aufs Kerngeschäft Auto.

Seit 1976 bei DaimlerChrysler

In Manfred Bischoff steht erstmals ein Chefkontrolleur an der Spitze des Unternehmens, der nicht aus dem Hause des langjährigen Großaktionärs Deutsche Bank kommt.

Dafür kennt der promovierte Jurist und Volkswirt, der in knapp drei Wochen 65 wird, den Autokonzern bestens. 1976 begann er bei Daimler-Benz seine Karriere als Manager, wurde 1989 Finanzvorstand bei der Daimler-Tochter Dasa und 1995 mit Jürgen Schrempps Aufstieg zum Konzernchef Vorstandsvorsitzender der Rüstungs- und Flugzeugsparte.

Der Dasa verordnete er noch zusammen mit Schrempp das schmerzhafte Sanierungsprogramm Dolores ("Dollar low rescue"), und als die Dasa mit seiner Hilfe 2000 in der EADS aufging, übernahm er dort Aufsichtsratsfunktionen.

Bischoff hat nie durch öffentliche Skandale auf sich aufmerksam gemacht, er tendiert auch nicht zum maulheldisch-medialen Großauftritt. "Ich bin mehr Arbeitspferd denn Zirkuspferd", beschrieb er sich einmal selbst.

© SZ vom 05.04.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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